Mehr Chancen für Krebspatienten

Neues aus der Strahlentherapie

500 renommierte Experten aus dem In- und Ausland haben im Oktober an der 34. Jahrestagung der Österreichischen Strahlenmedizin in Linz teilgenommen und sich dabei den neuesten Erkenntnissen der Krebsforschung gewidmet. Eines der Hauptthemen: Die Interaktion von Strahlenmedizin mit der medikamentösen und chirurgischen Tumortherapie. Dabei wird die lokale Strahlentherapie mit neuen zielgerichteten Substanzen und sogar mit Operationen selbst kombiniert. Die Schwerpunkte beim Kongress daher: Die „Hypofraktionierung“ sowie die Intraoperative Bestrahlung (INORT) bei der Behandlung von Brust- und Prostatakrebs.

Dosis erhöht

Unter Hypofraktionierung versteht man eine Bestrahlungstherapie mit einer erhöhten Dosis, die jedoch die Anzahl der nötigen Bestrahlungen um 30 bis 40 Prozent reduziert. Sie wird seit 9 Jahren im Ordensklinikum Linz der Barmherzigen Schwestern bei Brustkrebs und seit zwei Jahren erfolgreich auch bei Prostatakrebs eingesetzt. „Die Dosis der hochenergetischen Röntgenstrahlen ist pro Sitzung höher, dafür kommen wir mit 15 statt 25 Sitzungen aus. Diese Therapie ist gleich effektiv und langfristig etwas besser verträglich als die seit Jahrzehnten verwendete Bestrahlungsmethode“, erklärt Primarius Univ.-Prof. Dr. Hans Geinitz Vorstand der Radio-Onkologie.

Mittlerweile wurden an der Abteilung etwa 2.000 Brustkrebspatientinnen mit Hypofraktionierter Strahlentherapie behandelt. Heute wird die Methode in speziellen Fällen auch zur Bestrahlung nach Tumorentnahmen in Dick- und Mastdarm, Bauchspeicheldrüse, Prostata, im HNO-Bereich und bei Weichteiltumoren eingesetzt. Die neue Methode bringt einen großen Gewinn an Zeit und damit Lebensqualität. Dazu kommen auch ökonomische Aspekte: In gleicher Zeit können durch die eingesparten Sitzungen mit der gleichen Geräteanzahl mehr Patienten bei kürzeren Wartezeiten behandelt werden.

Personalisierte Therapie

Die Behandlungsmöglichkeiten in der Krebstherapie entwickeln sich rasend schnell. Die auf den einzelnen Patienten individuell abgestimmte Therapie ist derzeit Gegenstand von Wissenschaft und Forschung. Mit den sogenannten zielgerichteten Therapie (targeted therapy) sollen Krebszellen – unter größter Schonung von normalen Geweben – gezielt angegriffen werden. Diese neuen Wirkstoffe richten sich gezielt gegen ausgewählte Angriffspunkte (Targets) der Krebszelle und können so einen Wachstumsstopp des Tumors erreichen. Dazu erklärt ÖGRO-Präsidentin Prim. Univ.-Doz. Annemarie Schratter-Sehn: „Patienten die an Krebs erkranken erfahren in der Regel eine Kombination aus chirurgischer, medikamentöser und radio-onkologischer Therapie. Insbesondere die medikamentöse Therapie steht in Wechselwirkung mit der Bestrahlung.“ Neu hinzugekommen ist INORT, die fokussierte Form der Bestrahlung in Narkose schon während der Operation. Sie erreicht sehr hohe Effektivität, ohne dass zuerst die Erholung von diesem Eingriff oder einer Chemotherapie abgewartet werden müssen. Chirurgen, Strahlentherapeuten, Strahlenphysiker und Narkoseärzte arbeiten beim Eingriff eng zusammen. Nachdem der Tumor bei der Operation entfernt wurde, kann das Tumorbett an Ort und Stelle fokussiert bestrahlt werden. Ziel ist, eventuell noch verbliebene Tumorzellen, die zu einem Wiederaufflammen der Krebserkrankung führen können, durch hochdosierte Strahlung zu zerstören. Nach exakter Positionierung des Bestrahlungskopfes wird die offen liegende Stelle wenige Minuten lang direkt behandelt. Dadurch wird lokal eine hohe Dosis eingestrahlt – für den Heilungserfolg ist das eine wesentliche Grundlage.

Patientinnen mit Brustkrebs im Frühstadium erhalten beispielsweise durch diese gezielte Einmalbehandlung nach allen bisher vorliegenden Daten während der OP die gleiche Wirksamkeit im ehemaligen Tumorgebiet wie bei einer herkömmlichen sechswöchigen Strahlentherapie. Gleichzeitig wird gesundes Umgebungsgewebe geschont und benachbarte, besonders strahlenempfindliche Organe können wesentlich besser geschützt werden als bei einer Bestrahlung von außen. Bei kleineren Brusttumoren mit günstiger Prognose kann die IORT überhaupt weitere strahlentherapeutische Behandlungen ersetzen. Auch ein in vielen Fällen verbessertes kosmetisches Ergebnis zählt zu den Pluspunkten der Behandlung.

Nähere Informationen zum Kongress unter www.oegro2017.at

Text + Fotos: Gerhard Krause