Blutgefäße aus Stammzellen

Sogenannte „Organoide“ bieten neue Chancen im Kampf gegen die Folgen von Diabetes

Wiener Wissenschaftlern des Instituts für Molekulare Biotechnologie (Imba) ist es gelungen, im Labor menschliche Blutgefäße aus Stammzellen zu erzeugen. Ebenso ist dies einem Forscherteam der kanadischen University of British Columbia gelungen.  Damit wird es nun möglich, Gefäßerkrankungen, wie etwa Diabetes, künstlich zu konstruieren und sie direkt am menschlichen Gewebe zu erforschen. Die Chancen, neue Therapieansätze zu finden, steigen damit. Die Forscher des Wiener Institutes haben damit ein weiteres Organoid-Modell entwickelt. Organoide, oder auch Miniorgane, sind wenige Millimeter große, organähnliche Mikrostrukturen, die mittels Zellkultur in der Petrischale künstlich erzeugt werden. Modelle von Gehirn, Herz oder Niere waren bereits in der Vergangenheit entwickelt worden. Die Erzeugung von Blutgefäßen ist aber neu und besonders spannend, da jedes einzelne Organ des menschlichen Körpers von einem dichten Netz aus Blutgefäßen durchzogen ist. Diese garantieren deren Versorgung mit Sauerstoff und Nährstoffen, heißt es in einer Aussendung des Instituts. Die feinsten dieser Blutgefäße, die Kapillaren, reichen bis in jede einzelne Zelle. Veränderungen der Blutgefäße wirken damit auch auf jedes Organ mit ein.

Zuckerkrank nur im Labor

Die Forscher wollen mit ihrer Arbeit etwa der Mikrogefäß-Erkrankung bei Typ-2-Diabetikern auf die Spur kommen. Diabetes nimmt weltweit stark zu – mittlerweile soll es 420 Millionen Betroffene geben. Das Ende der Fahnenstange ist damit noch nicht erreicht, wie Prognosen zeigen. Schwerwiegende Folgeerkrankungen des Leidens wie Nierenversagen, Erblindung, Herzinfarkt, Schlaganfall oder nicht-heilende Wunden entstehen durch Schädigungen der Blutgefäße. „Ein wesentliches Merkmal ist die Verdickung und zwiebelähnliche Struktur der Basalmembran dieser Blutgefäße. Hinzu kommt, dass die Endothelzell-Schicht undicht wird“, erklärt Dontscho Kerjaschki, ehemals Leiter des Klinischen Instituts für Pathologie der Meduni Wien und Co-Autor der im Fachmagazin „Nature“ erschienen Studie. Diese Undichtheit führt etwa bei der Netzhauterkrankung von Zuckerkranken zu den typischen Schäden des Augenhintergrundes, die Erblindung auslösen. Neue Therapien werden daher dringend benötigt. 

Text: Gerhard Krause