Wiener Spaziergänge Nr. 13

Jetzt sollte ich  mir schön langsam einen anderen Titel einfallen lassen. Immer nur Wiener Spaziergänge ist schon fad. Aber es sind Wiener Spaziergänge, jetzt schon Nr. 13. Der Lockdown geht weiter und ist seit 1. April nochmals verschärft. Der Handel hat wieder geschlossen, Dienstleister haben wieder geschlossen, Gastro hat noch immer geschlossen. Was ist das für eine verrückte Welt.

3. Bezirk

Los gehts im 3. Bezirk, Landstraßer Hauptstraße Ecke Petrusgasse. Diese kleine Stadtwanderung findet am Samstag vor dem verschärften Lockdown statt. Der Handel hat noch geöffnet, dementsprechend viele Menschen sind auf der Einkaufsstraße Landstraße unterwegs. Wir gehen weg von den Menschenmassen,  nehmen die Seitengassen und finden hier herrliche Ruhe. Wir stimmen uns schon auf die Ruhe der nächsten Lockdown-Wochen ein – kleiner Scherz!

Auf Petrusgasse Nr. 13 ein wunderschön renoviertes Haus. Dieses riesige Zinshaus mit dem kleinen Balkon sticht einem sofort ins Auge.

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Petrusgasse 13 Foto © Gabriele Czeiner

Nach Petrus und Paulus, die beiden Schutzheiligen der Erdberger Kirche, wurden die beiden Gassen Petrusgasse und Paulusgasse benannt.

Petrusgasse 10  ist die Volksschule. Die Schule wurde 1912 auf dem Gebäude der ehemaligen Rennweger Kaserne erbaut. In der Weinlechnergasse ist ein Wandrelief „Rotkäppchen“. 

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Weinlechnergasse Wandrelief „Rotkäppchen“ Foto © Gabriele Czeiner

Ein Stück weiter gibt es einige interessante Gebäude. Erbaut von der Gemeinde Wien in den 1920er Jahren. Wohnungen in denen es teilweise schon Toiletten und Bäder gab. Wie weitblickend damals gebaut wurde. Die 20er Jahre des letzten Jahrhunderts waren eine sehr interessante Zeit. Auf der einen Seite der Aufbruch, alles neu und besser zu machen. Auf der anderen Seite die große Armut die dann den Grundstein für den Nationalsozialismus legte. Aber zurück zu den „städtischen Wohnhausanlagen“. 

Rabenhof

1925 bis 1928 erbaut, hier entstanden 1.112 Wohnungen, auf dem Gelände der ehemaligen Krimskykaserne. Ursprünglich wurde diese Anlage nach Friedrich Austerlitz benannt. Er war Politiker und Chef-Redakteur der Arbeiterzeitung, 1935 erfolgte die Umbenennung in Rabenhof. Eine riesige Anlage mit mehreren Innenhöfen und sehr bekannt auch das Theater im Rabenhof. Hoffen wir, dass wir bald wieder in Theater, Oper, Konzert oder Kino gehen können.

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Rabenhof Foto © Gabriele Czeiner

Emerich Teuber Platz

Wir wandern weiter die Baumgasse. Hier stehen wunderschöne Gründerzeithäuser mit traumhaften Verzierungen und Reliefs. Die Baumgasse mündet in den Emerich Teuber Platz. Emerich Teuber war der Gründer der österreichischen Pfadfinderbewegung (1912). Auf diesem Platz ist eine kleine Pestsäule, welche mir noch nie aufgefallen ist. Wobei ich hier auch immer mit dem Auto vorbei fahre und auch vorbei schaue. 

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Emerich Teuber Platz Foto © Gabriele Czeiner

Was mir in diesem Viertel sehr auffällt, es gibt riesige Gebäudekomplexe mit mehreren Innenhöfen. Viele dieser Innenhöfe sind geöffnet und man kann durchgehen. 

Tröpferlbad

Die Wohn- und Hygieneverhältnisse in Wien der Monarchie waren gerade um die Jahrhundertwende katastrophal. Aus diesem Grund wurden Volksbäder errichtet. Das erste war in Neubau, wurde 1887 eröffnet. Bis zum Beginn des ersten Weltkrieges wurden in Wien 18 Brausebäder errichtet. Diese wurden in der Bevölkerung als Tröpferlbäder bezeichnet. Bis in die 1970er Jahre war es immer noch für viele Menschen ganz normal ins Tröpferlbad zu gehen. Heute gehen noch ca. 30.000 Menschen jährlich in die Brausebäder. Eines davon gibt es noch in der Apostelgasse. Das habe ich zum Tröpferlbad auch gefunden: Pirron & Knapp „Im Tröpferlbad“ – unbedingt anhören.

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Tröpferlbad Foto © Gabriele Czeiner

Rochus

Wir biegen links in die Hainburger Straße ein. Hier stehen ein paar sehr schön renovierte Zinshauser, dazwischen Neubauten, die sich gut in das Stadtbild einfügen. Links ist das Galeria Einkaufszentrum, das lassen wir aber links liegen.  Wir haben in unserer Stadt sehr viele grüne Anlagen. In den Außenbezirken  sowieso, aber auch im urbanen Bereich. Wie hier den Rochuspark. Wir gehen durch den Park, durch den Hof und befinden uns beim Rochusmarkt. Park, Gasse, Markt und Kirche – alle  nach dem „Pestheiligen“ Rochus, dem Schutzpatron der Apotheker, Ärzte, Chirurgen, Totengräber, Siechhäuser und Spitäler benannt. 

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Durchgang zum Rochuspark Foto © Gabriele Czeiner

In dem Haus Rochsmarkt/Maria-Eis-Gasse 1 starb Carl Michael Ziehrer, Komponist und letzter Hofballdirektor. Einige seiner wunderschönen Walzermelodien können wir regelmäßig beim Neujahrskonzert hören. Jetzt ist es wieder an der Zeit an einen Kaffee zu denken und an eine Mehlspeise oder eine kleine Rast bei einem Glaser Wein. Auch dazu würde der Markt einladen, aber das spielt es nicht. Höchstens ein Coffee To Go. Na ja dann gehen wir eben weiter. Auf der anderen Seite des Maktes, Landstraßer Hauptstraße ist die – erraten – Rochuskirche. 

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Rochuskirche Foto © Gabriele Czeiner

Sechskrügelgasse 

Benannt nach dem Hausschild „Zu den sechs Krügeln“. Im Haus Nummer 2  gibt es zwei erhalten Aufzüge mit Münzeinwurf aus der Gründerzeit. In dieser Gasse wohnten sehr viele interessante Persönlichkeiten wie Ludwig Polster, Mühlenbesitzer und Besitzer der Tageszeitung Kurier, der Großindustrielle Herbert Karla, der Garagenkönig von Wien Johann Breiteneder Senior und es gibt hier wieder einige wunderschöne Gründerzeithäuser.

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Sechskrügelgasse Nr. 10 Foto © Gabriele Czeiner

Karl Borromäus Brunnen

Das Amtshaus für den 3. Bezirk ist am Karl Borromäus Platz, der ursprüngliche Name war Gemeindeplatz. Davor ist der Karl Borromäus Brunnen. Dieser denkmalgeschützte Brunnen wurde zum 60. Geburtstag vom damaligen Wiener Bürgermeister Karl Lueger gestiftet. Vom Bildhauer Josef Engelhart und Architekt Joze Pecnik verwirklicht.

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Karl Borromäus Brunnen Foto © Gabriele Czeiner

Ungargasse

In Ingeborg Bachmanns Roman „Malina“ wohnen die Hauptfiguren in der Ungargasse, im Buch wird es Ungargassenland genannt. Auf Nr. 10 wohnte die letzten Jahr bis zu seinem Tod Petar Preradovic, ein österreichisch-ungarischer Offizier und der bedeutendste kroatische Dichter der Neuzeit. Er war übrigens der Großvater von Paula Preradovic. Sie war österreichische Lyrikerin und Schriftstellerin und hat den Text zu unserer Bundeshymne verfasst.

Nr. 43 steht das ehemalige Palais Sternberg. Heute ist darin das italienische Kulturinstitut untergebracht. Posthorngasse 2/Ecke Ungargasse: war Weltpriester-Kranken- und Defizienten-Institut. Am Haus ist eine Statue des Heiligen Josef.

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Heiliger Josef Foto © Gabriele Czeiner

Neulinggasse

Am Eck Neulinggasse/Ungargasse gibt es eine Konditorei. Im „normalen“ Leben, also ohne Corona, hätten wir schon etliche Stopps in diversen Cafes, und natürlich auch in dieser Konditorei hingelegt. Hätten auch schon einige Lokale getestet und darüber geschrieben: unbedingt einen Kaffee trinken, unbedingt eine Mehlspeise essen oder unbedingt ein Glas Wein trinken. Jetzt in Corona-Zeit sagen wir unbedingt weiter gehen. 

In diesem kurzen Abschnitt, zwischen Ungargasse und Landstraßer Hauptstraße, gibt es den Sebastianplatz und den Ziehrerplatz auf der linken Seite, mit sehr viel Grün und Parkbänken. Auf der rechten Seite ist der Arenbergplatz mit den beiden 1940 errichteten Flaktürmen.

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Flakturm im Arenbergpark – sollte man für Graffiti freigeben Foto © Gabriele Czeiner

Haus Nr. 1 ist die städtische Wohnhausanlage Kurt-Steyrer-Hof, benannt nach dem Politiker und Arzt. Bei Nr. 3 steht eine Steinskulptur „Familie“ von Margarete Hanusch, von 1956.

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Steinskulptur „Familie“ von Margarete Hanusch Foto ©Gabriele Czeiner

Ein Stück Landstraße Hauptstraße spazieren wir. Es sind so viele Menschen unterwegs, wir biegen in die Barichgasse ein, hier ist es wieder herrlich ruhig, fast wie im Lockdown. Die Barchichgasse, benannt nach Michael von Barich. Er hatte seinen Besitz parzellieren lassen. In dieser Gasse sieht man anhand der verschiedenen Baustile wann welcher Teil verbaut wurde.

Barmherzigengasse: hier stand das Rekonvaleszentenhaus der Barmherzigen Brüder. Von hier hat man einen guten Blick zum Flackturm. 

Wir überqueren die Juchgasse. Rechts ist das Krankenhaus Rudolfsstiftung. Heute heißt es Klinik Landstraße. 

Wir biegen links in die Eslarngasse ein. Am Ende des Gasse landen wir wieder in der Landstraßer Hauptstraße. Auf Landstraßer Hauptstraße 126 gibt es für alle Comics-Fans DAS Geschäft von Wien „Comics Hutterer“. Am Dach des Eingangs sitzt Spiderman.

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Der Spiderman vom 3. Foto © Gabriele Czeiner

Herz Jesu Kirche

Die Kirche gehört zum Spital und Kloster der Dienerinnen zum Heiligsten Herzen Jesu. Die Weihung der Kirche erfolge 1906. Gebaut wurde sie nach Entwürfen von Gustav von Neumann. Ein interessantes Detail zur Kirchturmspitze. Diese wurde am Ende des Zweiten Weltkrieges abgeschossen. Nach der Sanierung, 1947/48 wurde sie um sieben Meter verkürzt. 

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Herz Jesu Kirche Foto © Gabriele Czeiner

Verfall

Es gibt in Wien sehr wenige Bauten die so verfallen sind und wo nur die notwendigsten Renovierungen durchgeführt werden. Ein solches Gebäude, eigentlich ein Schmuckstück, steht hier. Landstraße Hauptstraße 140-142. Die Villa Mautner-Jäger steht unter Denkmalschutz, trotzdem verfällt sie. Alles nur, damit anscheinend Spekulanten zu noch  mehr Geld kommen.

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Villa Mautner-Jäger Foto © Gabriele Czeiner

Das war der 13. Wiener Spaziergang, der nächste folgt demnächst. Hoffentlich mit geöffneten Lokalen oder zumindest Schanigärten. Andererseits wenn die Lokale wieder offen sind, gibt es sicher nicht so viele Spaziergänge, da gibt dafür dann mehr Lokalbewertungen. Hauptsache wir überstehen die Pandemie gesund.

Text und Beitragsfoto: Gabriele Czeiner

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Immer nur Wiener Spaziergänge ist schon fad. Aber es sind Wiener Spaziergänge, jetzt schon Nr. 13. Der Lockdown geht weiter.
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