Wiener Spaziergänge Nr. 12

Wir haben ein Jahr Pandemie hinter uns. Das Ende ist noch  nicht in Sicht. Wir wollen hier aber nicht lamentieren, na ja ein bißchen schon. Wir sind Wiener, raunzen liegt in unserer Natur. Wir starten den nächsten Wiener Spaziergang, die Nr. 12 ist angesagt. Wir nützen ein paar sonnige Tage, bevor der Winter nochmals kommt und starten auf der Marienbrücke in den 1. Bezirk.

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Marienbrücke Foto © Gabriele Czeiner

Schwedenplatz

Der Platz bekam 1919 den Namen „Schwedenplatz“ zum Dank für die Hilfe Schwedens nach dem Ersten Weltkrieg, die vor allem den Wiener Kindern zugute kam. Über die Brücken kommt man von der Leopoldstadt, also der 2. Bezirk, in die City. Da ist man dann am Schwedenplatz, der ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt ist. Nicht unbedingt sehr einladend, das soll sich aber in den nächsten Jahren ändern. Es wird darüber diskutiert wie man diesen Platz verschönern kann. 

Hotel Metropol

Wir gehen am Schwedenplatz weiter Richtung Salztorbrücke. Vorbei an der Ruprechtskirche. Die haben wir beim letzten Spaziergang schon beschrieben, und befinden uns jetzt am Morzinplatz. Hier stand das Hotel Metropol. Das Hotel wurde zur Weltausstellung erbaut. In diesem Hotel hat Mark Twain einen Teil seines Wienaufenthaltes verbracht. Traurige Berühmtheit erlangte das Hotel nach dem Anschluß Österreichs. Es wurde zum Hauptquartier der Gestapo in Wien. Zum Ende des Krieges wurde das Haus durch Bomben sehr stark beschädigt und 1948 abgerissen. In der Salztorgasse 6, das war die Rückseite des Hotels, befindet sich eine Gedenkstätte für die Opfer der Gestapo.

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Gedenkstätte für die Opfer der Gestapo Foto © Gabriele Czeiner

In diesem Teil Judengasse – Gonzagagasse – Salztorgasse waren sehr viele jüdische Händler angesiedelt. Ich kann mich noch erinnern an die 1970er, 1980er Jahre – Oh Gott wie alt bin ich schon (!) – als es hier noch sehr viele kleine Betriebe gab. Man konnte hier billig einkaufen und handeln war ein MUSS! Wandern wir weiter Gonzagagasse bis zum Rudolfspark. Das der Park nach Kronprinz Rudolf benannt wurde, braucht nicht extra erwähnt werden.

Bärringer Hof

Den Blick nach oben gerichtet – man sieht so wunderschöne Fassaden. Und man lernt so nette Menschen kennen, wenn man eine Stufe übersieht, oder über eine Leine stolpert. Auch Rettungsfahrer sollen sehr nett sein, aber so weit ist es noch nicht gekommen. Aber zu den Fassaden, während eines „Stolperns“ habe ich diese interessante Fassade entdeckt. Salzgries 11-13. Zwischen dem dritten und vierten Stockwerk ist das Wappen der Gemeinde Bärringen. Jetzt wissen wir woher dieses Gebäude seinen Namen hat.

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Bärringer Hof Foto © Gabriele Czeiner

Fischerstiege

Von hier aus versorgten die Fischer die Stadt mit Fischen, daher der Name Fischerstiege. Auf Haus Nr. 4 ein Relief von Oskar Bottoli „Fisch- und Stoffhandel“, Nr. 7 von Rudolf Schwaiger „Fischer“. Im Haus Nr. 1-7 wohnte Prof. Peter Herz. Er war Schriftsteller, Librettist und Textautor von „In einem kleinen Cafe in Hernals“ oder „Schön ist so ein Ringelspiel“. Die Lieder kennen wir, den Hermann Leopoldi auch. Das die Texte Peter Herz geschrieben hat wußte ich nicht.

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Fischerstiege Foto © Gabriele Czeiner

Salvatorkapelle

Oder Salvatorkirche wurde im 14. Jahrhundert erbaut. 1871 wurde sie der altkatholischen Kirche übergeben. Das besondere an dieser Kirche ist der Eingang in der Salvatorgasse. Das Renaissanceportal ist eines der wenigen architektonischen Denkmäler aus der Renaissancezeit.

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Salvatorkapelle Foto © Gabriele Czeiner

Schwertgasse

Der Name der Gasse wurde abgeleitet vom Haus Nr. 3, „Zu den sieben Schwertern“. Der wunderschöne Barockeingang wird von einer Marienstatue bekrönt, deren Herz von sieben Schwerter durchbohrt ist. Mit den sieben Schwertern werden die sieben Wunder Marias symbolisiert. In diesem Wohnhaus haben unter anderem schon Adalbert Stifter, Arthur Schnitzler oder auch der Zwölfton-Komponist Erich Apostel gewohnt. Im 18. Jahrhundert war der 1. Stock des Hauses der Treffpunkt der Freimaurer. Eine Baufirma wollte 2012 den Dachboden des Barockhauses ausbauen. Das konnte 2017 vorerst gestoppt werden. 

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Barockhaus Schwertgasse 3 Foto © Gabriele Czeiner

Am Gestade

Vorbei an der Kirche Maria am Gestade, ein Blick nach oben, ohne zu stolpern, sehe ich am Passauer Platz Nr. 5, im Hauseingang eine Bronzeplastik der „Salzschiffer im Boot“ von Franz Barwig dem Jüngeren. Unterhalb der Kirche war ein Donauhafen, in dem unter anderem Salz entladen wurde – SALZAMT! Hatten wir auch schon beim letzten Spaziergang, war aber ein, natürlich geschlossenes Lokal. Es ist jetzt wieder einmal Zeit auf alle geschlossenen Kaffeehäuser, Restaurants, Bars hinzuweisen und zu jammmmmmern. Wie gerne hätte ich jetzt einen Mocca. Am Gestade ist eine „Gstetten“ also Stiegenanlage. Seit 1314 gibt es diese „Am Gestade“ schon.

Gonzagagasse

Über die Marienstiege und Salzgries landen wir in der Neutorgasse. In dieser Gasse werden gerade einige Häuser renoviert. Hier stehen wunderschöne Zinshäuser, herrliche Fassaden – Achtung auf den Gehsteig und freilaufende Hunde!!! Über die Werdertorgasse, Kai, Eßlinggasse kommen wir wieder in die Gonzagagasse, jetzt sind wir am anderen Ende der Gasse.  Hier habe ich dieses Doppelhaus entdeckt mit dem wunderschönen Portal.

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Gonzagagasse Foto © Gabriele Czeiner

Deutschmeister

Am Schottenring werfen wir einen Blick vis a vis zum Deutschmeisterplatz mit dem Deutschmeister-Denkmal. Das Denkmal wurde 1896 zum 200-jährigen Jubiläum des Wiener Hausregiments der Hoch- und Deutschmeister Nr. 4  errichtet. Hinter dem Denkmal strahlt die Roßauer Kaserne.

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Deutschmeisterplatz Foto © Gabriele Czeiner

Wie flanieren beim Kempinski vorbei. Also wenn wir nicht COVID-19 hätten, würden wir jetzt in der Bar vom Kempinski sitzen und ein Glas Sekt geniessen. Vorbei an der Böse, biegen wir in die Wipplinger Straße ein. Auf Nr. 35 ist das Haus der Europäischen Union. Ein moderner Bau mit einer Glasfassade. Glas finde ich schön, es passt sich der Ringstraßen-Architektur an. 

Hermes

Börseplatz 1: hier ist die ehemalige k.k. Telegrafen Centrale in Wien. Es war das Hauptgebäude der Öst. Post- und Telegraphenverwaltung bis 1996. Das Gebäude wurde zwischen 1870 und 1873 erbaut. 1902 bis 1905 um ein Stockwerk vergrößert. Interessant die Klimaanlage im 4. Stock des Gebäudes. In diesem Stockwerk waren 7,3 Meter hohe Apparatsäle. Diese Säle hatten insgesamt eine Bodenfläche von 1600 Quadratmetern. In diesen Sälen arbeiteten die Menschen Tag und Nacht. Zur Klimatisierung gab es einen 32 Meter langen unterirdischen Hauptfrischluftkanal. Die Frischluft passierte mehrere Filter aus Segeltuch und einen Wasserzerstäubungsapparat, bevor sie zu den Heizkammern gelangte. Von hier aus wurde die Frischluft in die Apparatsäle zugeführt. Im Winter wurde die Luft nicht nur geheizt sondern auch befeuchtet. Bei +5 Grad Außentemperatur konnte die Klimaanlage die Raumluft 1,5 bis 2 mal pro Stunde wechseln. Sehr beeindruckend.

Am Vordertrakt des Gebäudes ist eine Figurengruppe, welche auf einem Globus sitzt. Sie sollte die Telegraphie symbolisieren. Und Hermes mit Brief – ein Brief, der bis jetzt nicht zugestellt wurde!

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Hermes mit Brief Foto © Gabriele Czeiner

Der Spaziergang geht dem Ende zu. Retour gehen wir über die Wipplingerstraße, Hoher Markt, bewundern die Ankeruhr, biegen in die Rotenturmstraße ein. Einen Blick in die Auslage vom Hard Rock Cafe. Hoffen, dass wir dieses Virus bald überstanden haben und uns ein Hard Rock Cafe in New York, Rio, Tokyo ansehen können. Vielleicht noch einen Coffee To Go mit einer kleinen Rast beim Donaukanal, die paar Sonnenstrahlen aufsaugen und uns wieder daran erinnern, in welch wunderschönen Stadt wir wohnen.

Text + Beitragsfoto: Gabriele Czeiner

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Wir starten den nächsten Wiener Spaziergang, die Nr. 12 ist angesagt. Natürlich mit raunzen dass immer noch alle Lokale geschlossen sind.
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