Wiener Spaziergänge Nr. 52

Mit den Wiener Spaziergängen Nr. 52 starten wir in den November, der bisher sehr mild und sonnig war. Und auch heute ist es sonnig und hat ungefähr 12 Grad. Also herrliches Wetter für eine Stadtwanderung. Der Beginn ist in der Eichenstraße bei der ehemaligen Remise – also Meidling.

Eichenstraße

Die Straße ist benannt nach zwei Eichen, welche bei der Einmündung der Wilhelmstraße standen. Wenn Sie Richtung Süden sehen, dann haben Sie viele Plakatwände, dahinter sehen Sie die Elektrizität der Gleisanlagen der Südbahn und danach beginnt der 10. Bezirk. Da waren wir schon. 

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Eichenstraße – kein schöner Ausblick Foto © Gabriele Czeiner

Remise

Gleich beim Gürtel war die Remise der Badener Bahn und dem Bahnhof Wolfganggasse. Ab 2018 wurde hier umgebaut. Es entstand eine kleine Stadt mit vielen Wohnungen, einem Studenten- und Jugendwohnheim und einem großen Park. 

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Hier war die Remise Foto © Gabriele Czeiner

Es ist sehr modern geworden, nur ein Teil der Remise ist stehen geblieben, steht unter Denkmalschutz. Darüber berichte ich dann am Ende des Spazierganges. Es ist ein wunderschöner sonniger, klarer Tag. Es gibt hier am Ende der Eichenstraße Ecke Gürtel einen wunderbaren Blick zur Kirche Maria am Siege.

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Maria am Siege Foto © Gabriele Czeiner

Wir biegen in den Hermi-Hrsch-Weg ein. Hermi Hirsch war eine Beislwirtin und Aktivistin. Eine interessante Frau werde demnächst unter Memories über sie schreiben. Ein kleiner Weg in dieser Anlage heißt Susi-Weigel-Weg. Benannt nach der Grafikerin und Illustratorin diverser Kinderbücher, wie zum Beispiel „Die Omama im Apfelbaum“. 

Paula-von-Mirtow-Park

Ein Park, der an diese Anlage schließt und bis zur Wolfganggasse bzw. Fluschützstraße grenzt, ist der Paula-von-Mirtow-Park. Paula von Mirtow, geb. Fürth, kam um 1900, mit ihrer Familie, von Südböhmen nach Wien. Sie zählt zu den wenigen Frauen, welche es in der damaligen Zeit geschafft haben, an der Universität ein Studium in Biologie abzuschließen. In den 1920er-Jahren errichtete die junge Botanikerin auf dem Grundstück ihrer Eltern in Döbling eine Fachschule für Mädchen und Frauen. Diese konnten hier einen Lehrabschluss als Gärtnerin oder eine höhere Qualifikation für die Gartenbauschule erwerben. 1939 gelang mit ihrem Gatten die Flucht nach England. Sie starb wahrscheinlich in den 1970er-Jahren in London. Ihr Todesdatum ist unbekannt.

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Paula-von-Mirtow-Park Foto © Gabriele Czeiner

Wolfganggasse

Nach Verlassen dieser Anlage stehen wir in der Wolfganggasse. Diese Gasse wurde nach Bürgermeister Wolfgang Treu benannt, 1875. Was mir in diesem Grätzl auffällt, sind die vielen kommunalen Wohnbauten, welche in der 1. Republik gebaut wurden. Unter Bürgermeister Karl Seitz. Über ihn gibt es eine neue Biografie, die sehr lesenswert ist.

Auf Nr. 58–60 war das Gebäude des Ersten Niederösterreichischen Arbeiter-Consumvereines. Es wurde 1905 errichtet. Heute befindet sich darin ein Schulungszentrum vom AMS und BFI.

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Wolfganggasse 58–60 Foto © Gabriele Czeiner

Flurschützstraße

Benannt nach dem Gastwirt, Ortsrichter von Meidling, Bezirksvorsteher des 5. Bezirks sowie Gemeinderat Josef Flurschütz (1820 – 1895). 

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Flurschutzstraße Foto © Gabriele Czeiner

Über die Wolfganggasse gelangen wir zur Steinbauergasse. Benannt nach Johann Steinbauer. Er war Grundbesitzer und Besitzer der Herrschaft Hundsturm – da waren wir schon – und des Brauhauses „Am Hundsturm“. In diesem Viertel gibt es interessante Lokale: Handy-Zubehör und EDV-Service, Hühner-Welt und viele Cafes, Grill-Lokale und „Tschocherln“. Wer kennt noch diesen alten Wiener Ausdruck? Wienerisch habe ich nicht so viel gehört, eher kroatisch.

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Steinbauergasse Foto © Gabriele Czeiner

Fockygasse

Wir biegen in die Fockygasse ein. Diese Gasse ist benannt nach Daniel Fockhy (1626 bis 1695). Er war unter anderem Bürgermeister von Wien, unter ihm wurde 1688 die öffentliche Beleuchtung von Straßen und Plätzen eingeführt. Und in dieser Straße ist eine Schule, heute eine Mittelschule mit Schwerpunkt Informatik. Dieses Schulgebäude gibt es schon seit 1882, in den darauffolgenden Jahren gab es immer wieder Zubauten. Damals war es eine„Bürgerschule“. Unter einem Volkskanzler Kickl bekommen wir das vielleicht wieder.

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„Nie mehr Schule“ Foto © Gabriele Czeiner

Herthergasse

Diese Gasse ist benannt nach dem Ortsrichter vom Hundsturm Paul Herther. Der Ortsrichter war ein bekannter Wohltäter.

Wie schon erwähnt wurde in der 1. Republik sehr viel gebaut und für die Bevölkerung sehr viel getan, mehr als wahrscheinlich in den Jahrhunderten davor. 

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Eingang zur Wohnhausanlage Herthergasse Foto © Gabriele Czeiner

Längenfeldgasse

Die Herthergasse mündet in der Längenfeldgasse. Diese Straße ist eine Nord-Süd-Verbindung. Also eine Durchzugsstraße. Bei der Schönbrunner Straße gibt es die U-Bahn-Station Längenfeldgasse. Das ist zumindest eine kleine Entlastung für dieses Gebiet. Benannt nach der Wohltäterin Josepha Haas von Längenfled-Pfalzheim. Das Vermögen, welches sie nach dem Tod ihres Mannes erbte, ging in eine Stiftung über. Daraus wurde eine Kinderbewahranstalt in Gaudenzdorf errichtet und es gab eine Aussteuer für junge Mädchen. Begraben wurde diese Wohltäterin am Schmelzer Friedhof, als dieser aufgelassen wurde, hat man ihre Überreste auf den Meidlinger Friedhof verlegt, wo sie sich heute noch begraben ist.

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Längenfeldgasse Foto © Gabriele Czeiner

Sie sind sicher schon die Längenfeldgasse stadteinwärts gefahren. An der Kreuzung Böckgasse ist der Ernst-Reuter-Hof, auf der Fassade sieht man ein monumentales Mosaik. Man fährt vorbei, sieht es und vergisst es wieder. Jetzt ist Zeit und ich schaue es mir genauer an. „Bildung, Arbeit und Erholung“ von Karl Gunsam. Das Mosaik ist von 1955.

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Bildung, Arbeit und Erholung Foto © Gabriele Czeiner

Böckhgasse

Benannt nach Franz Heinrich Böckh (1787 bis 1831). Er war Schriftsteller. Auf Nr. 2–4 ist der Liebknechthof. Wilhelm Liebknecht (1826 bis 1900), er war Vorkämpfer der Sozialdemokratie, und dessen Sohn Karl waren Führer des mit Rosa Luxemburg begründeten Spartakusbundes.

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Böckhgasse Foto © Gabriele Czeiner

Es ist schon sehr faszinierend, was hier in den 1920er- und 1930er-Jahren an kommunalen Wohnbau entstanden ist, und immer noch in Verwendung ist. Wie weitblickend die damalige Politik in dieser Beziehung war. Und dann hat sich das Blatt gewendet. Darüber sollten wir heute nachdenken, bevor wir wieder auf irgendwelche Marktschreier, die sich Politiker nennen, hereinfallen.

Malfattigasse

Nicht zu verwechseln mit Calafati aus dem Prater. Johann Malfatti war Arzt, er kam aus der Toskana, wurde hier Sekundararzt am alten Allgemeinen Krankenhaus. 1802 gründete er die Gesellschaft praktischer Ärzte, danach hatte er eine gut gehende Privatpraxis. Hier fanden sich die Berühmtheiten der damaligen Zeit, wie Erzherzog Carl und die Diplomaten und Fürsten des Wiener Kongresses. 

Am Fuchesenfeld

„Da sagen sich die Füchse Gute Nacht“ – das hat sicher hier seinen Ursprung! Wieder eine städtische Wohnhausanlage: Der Fuchsenfeldhof, wurde 1922 bis 1925 erbaut. In dieser Anlage befindet sich die älteste Gemeinschaftsanlage, die von der sozialdemokratischen Gemeindeverwaltung geschaffen wurde.

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Fuchensenfeldhof Foto © Gabriele Czeiner

Wir landen wieder in der Eichenstraße. Eichen gibt es hier keine mehr, dafür viel Verkehr. Auch die Eichenstraße ist eine Durchzugsstraße geworden.

Wir gehen bis zur ehemaligen Remise. Übrig geblieben von der Remise und dem Bahnhof ist ein Bauwerk. Das nennt sich jetzt Gleisgarten. Das ist jetzt ein Food-Hall. Eine große Halle, in der Mitte viele Holz-Tische und Sesseln für Essen und Trinken. Ich kenne diese Food-Halls aus Thailand. Dort habe ich das sehr genossen, aber hier nicht. Die Halle ist schlecht belüftet, wenn man die Tür öffnet, stinkt es nach diversen Essen und anderen undefinierbaren Gerüchen. Man kann hier nicht bar zahlen. Entweder mit Kreditkarte oder man kauft am Eingang, beim Cafe, eine Gleis-Card, da wird Geld darauf gebucht und das kann man dann gegen Essen und Trinken abbuchen.

Ich kann bei den Essen-Ständen nur Essen bestellen und kein Trinken, dafür muss ich mich dann bei einem „Getränke-Stand“ anstellen. Die Preise sind gehoben. Also ich habe hier nichts gegessen oder getrunken, wenn ich das Essen und Trinken schon selbst holen muss, dann noch relativ hohe Preise für die Speisen und Getränke bezahle UND dann kann ich nicht einmal bar bezahlen. Nein danke, das brauche ich nicht. 

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Gleisgarten Foto © Gabriele Czeiner

Es gibt vis a vis vom Gleisgarten ein italienisches Restaurant „Cavallo Nero“. Hier kann man bar bezahlen, ein sehr, sehr freundliches Service. Gutes Essen, normale Preise. Das kann ich wirklich und sehr gerne weiterempfehlen.

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Cavallo Nero Foto © Gabriele Czeiner

Das war die heutige Stadtwanderung. Zurzeit wird in Wien extrem viel gebaut. Überall entstehen neue Grätzln, der neue Teil hier in Meidling ist gut gelungen. Viel Grün zwischen den Häusern, es wirkt offen und freundlich. Wir benötigen auch Wohnungen, Wien hat wieder über 2 Millionen Einwohner. Das hat viele Vorteile, bringt aber auch neue Probleme mit sich. Darüber können Sie in #krausegedanken lesen.

Text + Beitragsfoto: Gabriele Czeiner