Wiener Spaziergänge Nr. 24

Wiener Spaziergänge im Lockdown sind wie Schifahren ohne Schnee. Also keine Kaffeehäuser, keine Beiseln oder Restaurants. Nur geschlossene Lokale. Ich muss mich zusammen nehmen, dass ich die schönen Seiten und die Geschichten dieser Stadt sehe. Aber vielleicht hat das Eingesperrt sein ja bald ein Ende.

Mittersteig

Hier starten wir, am Ende des Mittersteigs. Das war ein Feldweg und hieß ab 1765 Mittlere Steiggasse. Von dieser Gasse werden wir etwas später noch schreiben. Am Eck Klagbaumgasse – Hugo-Wiener-Platz bleiben wir stehen und denken an „Ich wünsch mir zum Geburtstag einen Vorderzahn…“. Wer kann sich nicht an die Lieder von Hugo Wiener erinnern, an den Kabarettisten, Pianisten, Bühnenautor…. Das könnte man noch lange fortsetzten. Hugo Wiener, das Simpel und Cissy Kraner gehörten zusammen. 

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Hugo-Wiener-Platz Foto © Gabriele Czeiner

In der Kleinen Neugasse 9 befindet sich das Löwenhaus. Ein goldener Löwe an der Fassade. Das Gebäude wurde schon von August Stauda um 1901 fotografiert. Aber welche Bedeutung der Löwe auf der Fassade hat, konnte ich nirgends nachlesen. Vielleicht kennt ein Leser die Geschichte zu diesem Haus.

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Löwenhaus Foto © Gabriele Czeiner

Margaretenstraße

Die Kleine Neugasse (ist auch nur eine „kleine“ Gasse)  mündet in die Margaretenstraße. Der Name stammt von der gleichnamigen Vorstadt „Margareten“. Diese Straße führt durch den 4. und 5. Bezirk und endet – Überraschung – beim Margareten Gürtel! Durch den Teil, den wir jetzt wandern, sind noch viele kleinere und größere Geschäfte und Lokale. Wir hätten mehr davon, wenn kein Lockdown wäre.

Was auffällt, dass sehr viele ältere Häuser durch Neubauten ersetzt wurden. Teils nett zum Ansehen, teils zum….. Margaretenstraße Nr. 62 steht noch ein altes, einstöckiges Haus. Daran kann man sehen, was man alles NICHT machen soll. Die Fenster im 1. Stock sind vom Bauhaus, Marke „sehr, sehr billig“. Im Erdgeschoß war im linken Teil ein Fleischhauer, ich würde meinen der war noch aus den 1970er Jahre,  die Fassade verschmiert, das Lokal natürlich geschlossen. Im rechten Teil ist jetzt eine Fleischboutique mit einer Glasfassade, schaut auch sehr geschlossen aus. Unterhalb des Daches kann man noch lesen „Anton Sterkl, 1740, Schlächterei, Fettwaren, Wurst- und Selchwaren“. Also in diesem Haus ist schon seit Jahrhunderten ein Fleischhauer. Aber so wie es sich das Haus heute präsentiert ist es nicht sehr vorteilhaft.

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Margaretenstraße 62 Foto © Gabriele Czeiner

Wir sind jetzt im 5. Bezirk. Wie gehen die Wehrgasse Richtung Wienzeile. Diese Gasse wurde benannt nach dem Gumpendorfer Wehr, und die Wehrgasse ist eine der besterhaltenen biedermeinerlich-frühhistorischen Gassen des fünften Bezirks.

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Wehrgasse Foto © Gabriele Czeiner

Schönbrunner Straße

Woher diese Straße ihren Namen hat, brauchen wir nicht wirklich schreiben. Interessant ist, dass diese Straße durch den 4., 5. und 12. Bezirk führt. Seit 1898 ist sie durchgehend benannt. Wir gehen nur ein kleines Stückerl die Schönbrunner Straße, Nr. 24 unbedingt ansehen. Ein wunderschön restauriertes Haus.

Wir biegen in die Strobachgasse ein. Benannt nach Stadtrat Josef Strobach. Der Gassenzug existierte bereits 1700 als Feldweg und war in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts fast völlig verbaut.

Hier am Eck ist das Filmquartier. „Blind ermittelt“ mit Philipp Hochmair war schon hier.

Wir landen am Margaretenplatz, das war vorher der Schloßplatz. Auf dem Platz fällte einem der Margaretenhof sofort auf. Ein Wohnhof, erbaut 1884/1885, hier stand davor ein Brauhaus. 1981 bis 1984 wurde der Hof renoviert und stilgerecht wieder hergestellt.

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Margaretenhof Foto © Gabriele Czeiner

Schlossquadrat

Dieser Name hat sich eingeprägt. Im Schlossquadrat gibt es 4 Lokale. In normalen Zeiten wäre ich hier etwas trinken gegangen aber wir leben gerade in einer extrem verrückten Zeit. Hier stand einmal das Margaretner Schloss. Die ersten urkundlichen Eintragungen waren schon im 14. Jahrhundert. Wir gehen in die Hofgasse und werfen in den Innhof vom Schlossquadrat einen Blick.

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Schlossquadrat Foto © Gabriele Czeiner

In diesem Grätzl sind sehr schön renovierte und gepflegte Häuser. Wir wandern weiter die Schloßgasse. Natürlich auch benannt nach dem Margaretner Schloß. Auf Nr. 14 war die Möbelfirma Bothe & Ehrmann. Diese Firma galt als eine der bedeutendsten Möbelproduzenten in der österreichisch-ungarischen Monarchie. Der Sitz der Firma war in Zagreb und Wien. Das Südbahnhotel am Semmering wurde von Bothe & Ehrmann eingerichtet (1909).

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Möbelfirma Bothe & Ehrmann Foto © Gabriele Czeiner

Viktor-Christ-Gasse benannt nach Viktor Christ. Er war Arbeiter der Wiener E-Werke, Widerstandskämpfer und wurde im KZ Mauthausen ermordet. Am Ende der Viktor-Christ-Gasse Ecke Gartengasse ist die Klarissen-Anbetungskirche bzw. – kloster. Wir gehen zurück über die Castelligasse. Diese Gasse wurde nach dem Dichter Ignaz Franz Castelli benannt. Hier in dieser Gasse, auf Nr. 24 + 25 befand sich im Zweiten Weltkrieg ein Zwangsarbeitslager. Über die Schloßgasse gelangen wir wieder zum Mittersteig. Jetzt aber am Anfang des Mittersteigs. Wir befinden uns noch immer im 5. Bezirk. 

Auf Nummer 25 befindet sich die Justizanstalt Wien-Mittersteig.

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Justizanstalt Mittersteig Foto © Gabriele Czeiner

Auf der Vis-a-Vis-Seite von der Justizanstalt ist der Schütte-Lihotzky-Park. Die Insassen der Justizanstalt dürfen diesen Park nur über die Fenster besichtigen. Margarete Schütte-Lihotzky war eine der ersten Frauen die in Österreich Architektur studierte. International bekannt machte sie die Frankfurter Küche.

Cissy-Kraner-Platz

Am Ende des Mittersteigs kurz vor dem Hugo-Wiener-Platz ist die Ehefrau von Hugo Wiener – der Cissy-Kraner-Platz. Sie hat die meistern Lieder von Hugo Wiener gesungen. „Der Novak lässt mich nicht verkommen“. Das Lied können Sie mit einem Klick auf YouTube anhören.

Das war unser heutiger 24. Wiener Spaziergang. Ohne Kaffe, Kuchen, Wein, Prosecco oder zumindest einer Leberkässemmel läßt es sich nicht so gut gehen, aber ich hoffe, der Lockdown findet bald sein Ende. 

Text: Gabriele Czeiner

Beitragsbild: Gabriele Czeiner

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Wiener Spaziergänge im Lockdown sind wie Schifahren ohne Schnee. Also keine Kaffeehäuser, keine Beiseln oder Restaurants.
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