Wiener Spaziergänge Nr. 50

Was im ersten Lockdown als Zeitvertreib begann, ist mittlerweile zum 50. Wiener Spaziergang geworden und einem Buch. Wiener Spaziergänge Nr. 50 machen wir heute in Breitenfeld und Michelbeuern.

Alser Straße

Wir wandern heute am Alsergrund, 9. Bezirk, im Bezirksteil Breitenfeld. Breitenfeld gehört zum 8. Bezirk, grenzt an die Alser Straße und hier starten wir. Im 9. Bezirk waren wir schon, rund um das Palais Liechtenstein. Heute schauen wir uns das Grätzel um das Alte AKH an. Aber zurück zur Alser Straße. Diese Straße wurde schon 1211 erwähnt, damals noch als „vicus Alsaerstrazze“ – Gegend vor dem Schottentor. Hier gab es bis 1647 keine geschlossene Bauweise. Das kann man sich heute nicht mehr vorstellen: hier gab es Weingärten. Um 1740 wurde das Großarmenhaus errichtet, heute Allgemeines Krankenhaus, und auch die Ständische Landschaftsschule. Die Gebäude mit ungeraden Hausnummern zählen zum 8. Bezirk, die Gebäude mit den geraden Hausnummern zum 9. Bezirk. Die Grenze ist die Florianigasse. 

#49plus Wiener Spaziergänge
Alser Straße – und hier waren einmal Weingärten Foto © Gabriele Czeiner

Hebragasse

Hebragasse benannt nach Ferdinand Hebra. Er studierte an der Universität Wien und war ab 1843 Sekundararzt im Allgemeinen Krankenhaus unter Joseph Skoda. Ihm glückte 1844 der Nachweis, dass es sich bei der Krätze um eine Hauterkrankung handelte. Am Eck zur Hebragasse ist die Einkaufsgenossenschaft Österreichischer Elektrizitätswerke. Bei den heutigen Strompreisen denkt man nichts Gutes. Aber diese Einkaufsgenossenschaft hat sich auf Kabel- und Rohrabdichtungen für den Werkbedarf spezialisiert. 

Brünnlbadgasse

Hier im Brünnlfeld gab es schon 1391 ein Bad, das aus den hier entspringenden Quellen gespeist wurde, das „Goldbrünnl“. Das ehemalige Brünnlbad war in der Lazarettgasse 16. Es wurde auch in Raimunds „Diamant des Geisterkönigs“ erwähnt. 1898 wurde das neue Brünnlbad in der Borschkegasse 4 errichtet. In dieser Anstalt gab es eine Winterschwimmschule, ein Dampfbad und 40 Wannenbäder. Dieses Bad gab es noch bis 1957. 

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Brünnlbadgasse – und wo sind jetzt die Weingärten? Foto © Gabriele Czeiner

Borschkegasse

Franz Borschke war Rechtsanwalt und Kommunalpolitiker. Nach ihm diese Gasse benannt. Hier an dem Ende der Gasse ist eine kleine schattige Oase mit herrlichen Gründerzeithäusern. Auf Nr. 4 befand sich das oben erwähnte Brünnlbad. Und auch hier finden wir keine Weingärten!

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Borschkegasse Foto © Gabriele Czeiner

Lazarettgasse

Benannt nach dem ehemaligen „Lazareth“, das war im heutigen Arne-Calsson-Park. Die Lazarettgasse ist zurzeit eine große Baustelle. Die Wohntürme des AKH’s werden renoviert. Interessant anzusehen, es schaut so aus, als ob den Häusern die Haut abgezogen wird, bis nur mehr ein Gerüst überbleibt und danach kommen neue „Häute“ also neue Fenster, eine neue Fassade.

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Wohntürme AKH Foto © Gabriele Czeiner

In dieser Gasse befinden sich auch Privatkrankenhäuser wie das Goldenes Kreuz und die Wiener Privatklinik. Für die meisten nur mit Zusatzversicherung erschwinglich. 

Die Gasse endet in der Spitalgasse. Die Sicht ist heute herrlich, man sieht die Müllverbrennungsanlage Spittelau, welche Hundertwasser gestaltet hat.

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Herrlicher Blick Richtung Spittelau Foto © Gabriele Czeiner

Spitalgasse

benannt nach dem Allgemeinen Krankenhaus – das ist jetzt eine Überraschung! Die Namen davor waren Adlerzeil, nach dem Hausschild „Zum schwarzen Adler“, Schwarzadlergasse und Stiftgasse. Seit 1797 gibt es die Spitalgasse.

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Innenhöfe mit Blick auf das neue AKH Foto © Gabriele Czeiner

Spitalgasse 23: So um 1730 war hier das Versorgungshaus oder auch „Kleines Armenhaus“ genannt. 1831/32 diente dieses Armenhaus als Choleraspital. Mitte des Jahrhunderts wurden die angrenzenden Häuser angekauft. 1865 wurde mit dem Abriss begonnen und von 1865 bis 1867 entstand der vordere Trakt der Spitalgasse 23 mit 800 Betten. Anfang des 20. Jahrhunderts ging der Besitz in den Krankenanstaltenfonds über. Nach Abbruch und Neubau diverser Häuser entstanden hier die Universitätskliniken. Hier wurden anfangs die I. und II. Frauenklinik, die II. Chirurgische Klinik, die Medizinische Abteilung und ab 1931 auch die II. Unfallstation verlegt.

Zum blauen Herrgott

Die Kirche im Innenhof hat den Namen „Zum blauen Herrgott“. Benannt nach einer Bildsäule, die sich an der Außenseite des Gebäudes befand. Die Darstellung zeigte den Schmerzensmann mit Dornenkrone. In der rechten Hand hielt der das blutende Herz, die linke Hand greift nach der um den Hals gelegene Kette. Die Figur erhielt den Namen „Blauer Herrgott“ nach der Farbe seines langen Mantels. Im 19. Jahrhundert wurde die Bildsäule im Auftrag des Wiener Erzbischofs entfernt und in die St.-Nikolaus-Kirche in Kirchschlag an der Ysper gebracht.

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Zum blauen Herrgott Foto © Gabriele Czeiner

Mahnmal

„Der Brunnen der Vertriebenen“ – Am 30. November 2008 wurde dieses Denkmal der Öffentlichkeit übergeben. Es erinnert an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, welche während der NS-Zeit von 1938 bis 1945 vertrieben wurden. Aufgeführt sind die 82 Namen der Vertriebenen und jene 13 Firmen und Organisationen, welche durch Spenden, dieses Mahnmal ermöglicht haben. 

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Der Brunnen der Vertriebenen Foto © Gabriele Czeiner

Es gibt noch ein weiteres Mahnmal für die Opfer des Nationalsozialismus der Medizinischen Universität. Ein aufgeschlagenes Buch mit der Inschrift:

„Wer eine Seele verliert – verliert die ganze Welt – wer eine Seele rettet – rettet die ganze Welt“

Darauf könnten wir uns auch heute wieder einigen.

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Mahnmal Foto © Gabriele Czeiner

Spitalgasse 4 war das Pathologisches Institut der Universität Wien, heute ist hier unter anderem das Zentrum für Hirnforschung. Das Gebäude ist wunderschön und man kann sich vorstellen, wie es hier in Michelbeuern vor 150 oder 200 Jahren ausgesehen hat. Junge Menschen, die hier erwartungsvoll ihr Studium beginnen und dann die großen und berühmten Ärzte werden. Und ein paar hundert Jahre später berichten wir dann auf 49plus über diese besonderen Menschen.

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MedUni Wien, Spitalgasse 4 Foto © Gabriele Czeiner

Altes AKH

Hier waren wir schon bei einem „raunzenden“ Corona-Spaziergang. Auch diese Anlage war ein Armenhaus, unter Joseph II. wurde es zum allgemeinen Krankenhaus umgebaut. Heute befindet sich darin der Campus der Universität Wien, Radio Arabella und diverse Lokale und Geschäfte in den Innenhöfen. In der Weihnachtszeit gibt es immer einen Weihnachtsmarkt und im Sommer diverse Veranstaltungen. Der Innenhof ist begrünt, viele alte und hohe Bäume, die herrlichen Schatten spenden und zu Spaziergängen einladen. 

Für mich war neu, dass in einem der Gebäude im Innenhof eine Billa-Filiale ist. An allen Ecken und Enden von Wien gibt es Supermärkte. Warum muss hier im Innenhof auch ein Supermarkt sein?

Aber es gibt auch einige Lokale, in denen man chillen kann. Hier machen wir eine Pause bei einem Kaffee.

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Chillen im Alten AKH Foto © Gabriele Czeiner

Über die Alser Straße geht es wieder zurück zu unserem Ausgangspunkt. Es ist Sommer, Wien ist voller Baustellen, manchmal läuft man zickzack, aber dafür sieht man umso mehr. Was auch positiv in der Alser Straße auffällt, dass es hier noch viele Lokale, Boutiquen und auch Blumengeschäft gibt. Wer hier wohnt oder arbeitet finden für den täglichen Einkauf alles in unmittelbarer Nähe.

Text + Beitragsfoto: Gabriele Czeiner

 

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Was im ersten Lockdown als Zeitvertreib begann, ist mittlerweile zum 50. Wiener Spaziergang geworden und einem Buch.
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