Bezirksmuseum Liesing
Jeder Bezirk in Wien hat sein eigenes Bezirksmuseum. Die möchte ich mir ansehen. Ich wohne in Liesing als starte ich mit dem Bezirksmuseum Liesing.
In der Canavesegasse 24, in der ehemaligen Knabenvolksschule hat das Museum 680 m2 Ausstellungs- und Veranstaltungsfläche. Die Leiterin des Bezirksmuseum ist die Historikerin Frau Mag. Heide Liebhart. Seit 2021, da der bisherige Leiter Maximilian Stony verstorben ist. Fr. Mag. Heide Liebhart veranstaltet am 22.10. einen Grätzlspaziergang durch Atzgersdorf.
Geschichte
Seit 1983 befindet sich das Bezirksmuseum in der Canavesagasse. Die Geschichte begann aber schon 1938. Hofrat Dr. Anton Matzig gestaltete die erste private Ausstellung im Amtshaus Liesing. 1939 übernahm Oberlehrer Josef Ehn die Sammlung. 1953 wurde der Museumsverein Liesing gegründet, dessen Präsident der jeweilige Bezirksvorsteher ist. Und wie schon erwähnt seit 1983 ist das Museum in der Canavesagasse.
Ausstellungen
Für mich könnte das Museum doppelt so viel Fläche zur Verfügung haben und das wär sicher noch zu wenig. Es gibt hier sehr viel zu sehen. Im Eingangsbereich steht eine Statue des Heiligen Johannes von Nepomuk und eine Badezimmereinrichtung aus 1900. Zur Jahrhundertwende war das sicher eine Sensation, ein eigenes Badezimmer zu haben.
Weiters befindet sich auch eine Schautafel „Geschichte und Wirtschaft in Liesing“ und eine Schlösser- und Schlüsselausstellung. Im Gangbereich sind archäologische Funde aus der Jungsteinzeit, Bronzezeit und Eisenzeit ausgestellt.
Was man sofort mit bekommt ist das Platzproblem. Die Ausstellungsstücke sind sehr dicht gedrängt, was natürlich schade ist, da man das eine oder andere Objekt übersieht. Im Gangbereich und im 1. Raum sind noch Infotafeln zur Brauerei Liesing. Daran können sich sicher noch sehr viele erinnern. Nach Schließung der Brauerei gab es noch ein paar Jahre einen Shop für Bierverkauf und jeden Sonntag den Flohmarkt.
Volkskunde
Im Raum 4 sieht man Gegenstände einer Alt-Wiener Küche. Ich kann mich noch erinnern dass die Hirschseife oder Sidol in der Küche meiner Großmutter war. Ich ignoriere jetzt mein Alter, ich bin und bleibe 49plus!
In diesem Raum ist ein Schrank nur mit Puppen, Teddybären und Spielsachen des vorigen Jahrhunderts gefüllt. Was hätte ich als Kind für nur eine dieser Puppen oder eine Figur von Donald Duck oder Micky Mouse gegeben.
Als die Bilder laufen lernten
Im Raum 5 ist eine Technikausstellung. Videorekorder, Radio, Telefonie, Fotografie, Schreibmaschinen. Hier sieht man wie schnell sich die Technik entwickelt und verändert hat. Radios der 1920er Jahre und das Gegenstück ein Kassettenrekorder mit Radio aus den 1970er Jahren. In den 1960er-, 1970er Jahren wurden Super-8-Filme gedreht. Die Abspiel-Apparate mit denen man dann diese Filme ansehen konnte, kann man hier natürlich auch bewundern. Die Familien haben sich versammelt, eine Leinwand aufgestellt, alles verdunkelt und es wurden die Urlaubsfilme von Jesolo oder Lignano gezeigt. Wenn man Filme von Agfa gesehen hat, hatten die nach einigen Monaten schon einen Blaustich. Den hatten wahrscheinlich auch einige Väter bei der Vorführung der Filme.
Schreibmaschinen im Wandel der Zeit von der mechanischen Schreibmaschine bis zu elektrischen Schreibmaschine und Reiseschreibmaschinen. Was ich entdeckt habe einen Photobildsender. Bildübertragung per Post an Nachrichtenagenturen und Zeitungsredaktionen. Am Gerät kann man noch das Sigel der Post erkennen.
Natürlich auch Telefonie. Vom Viertel-Telefon zum Smartphone. Wie schnell das gegangen ist und wie selbstverständlich es heute für uns ist am Smartphone zu lesen, zu schreiben und zu telefonieren.
Zurücktreten – Zug fährt ab
Raum 9 ist der Eisenbahn-Raum. Der Bahnhof Atzgersdorf-Mauer wurde hier als Kleinbahn-Modellanlage nachgebaut. Hier kann man das schnelle und laute Schlagen so machen Männerherzen hören. Die Geschichte der Eisenbahn wird erzählt. Begonnen als die Männer noch mit Kohlen den Zug zum Fahren brachten. Das war sicher keine schöne Zeit. Die Bekleidung des Bahnhofvorstehers ist zu bewundern. Ein alter Fahrplan. Daran kann ich mich auch noch erinnern: in jeder Station stand eine Waage. Man setzt einen Schilling ein und bekommt sein Gewicht.
Ein Fahrscheinautomat aus den 1970er Jahren. In orange und blau gehalten, natürlich mit ÖBB-Logo. Ein AEG-Fahrscheinentwerter der in den Straßenbahnen und in den Stationen der Schnellbahn angebracht war. In grellem Orange, nicht zu übersehen. Mit den Fahrschein-Entwerter wurde das Ende der Schaffner in den Straßenbahnen eingeläutet. „Schaffnerlos“ das Lied von Ambros/Tauchen/Prokopetz erinnert an diese Zeit.
Zu sehen und bestaunen gibt es hier wirklich sehr viel. Ein Vormittag ist eindeutig zu wenig. Das Museum ist immer Mittwoch und Samstag, von 9.00 bis 12.00 Uhr geöffnet. Juli und August geschlossen. Es gibt hier auch noch diverse Veranstaltungen, Lesungen, Vernissagen, Buchpräsentationen, Vorträge. Gegen Voranmeldung kann man auch im Archiv des Bezirksmuseums stöbern.
Jetzt noch ein kleiner Hinweis. Das Bezirksmuseum wird natürlich von der Stadt Wien finanziert. Die Mitarbeiter des Museums arbeiten alle ehrenamtlich. Wenn Sie sich das Museum ansehen, und ich hoffe, Sie werden das tun, dann sehen Sie auch, was hier schon alles geleistet wurde. Sie sehen auch was noch alles an Arbeit auf die Mitarbeiter rund um Fr. Mag. Heide Liebhart wartet. Sie können Mitglied im Museumsverein Liesing werden. Für einen Jahresbeitrag von 20€.
Die Museumsvereinsmitglieder erhalten zu jeder Veranstaltung eine persönliche Einladung per Mail oder Post. Die kostenlosen Veranstaltungen im Bezirksmuseum bieten einen abwechslungsreichen Mix aus Ausstellungen, Lesungen, Vorträgen und musikalischen Darbietungen für fast jeden Geschmack. Wenn es die allgemeine Situation wieder gestattet, gibt es nach den Darbietungen die Möglichkeit eines regen Austausches in entspannter Atmosphäre bei einem Getränk und einem kleinen Imbiss. Gute Laune und interessante Gespräche garantiert.
Text + Beitragsbild: Gabriele Czeiner