Cobenzl mit neuer „Weitsicht“
Der Dornröschenschlaf am Cobenzl ist vorbei. Seit März 2021 hat Bernd Schlacher, der auch das Restaurant Motto am Fluss und das Hotel Motto in der Mariahilfer Straße betreibt, das Schloss Cobenzl und seine Nebengebäude auf dem Wiener Hausberg komplett umgestalten lassen. Cobenzl mit neuer „Weitsicht“. Im September sind die ersten Bauteile in Betrieb gegangen und im November wird alles fertig sein. Neben dem Schloss entstanden mehrere attraktive Zubauten. Das ehemalige Rondell-Café – einst ein beliebtes Rendezvous-Platzerl für jüngere und ältere Liebespaare – wurde abgerissen und auf der alten Steinmauer völlig neu aufgebaut. Daneben ist das Panorama-Haus entstanden, ein Neubau mit drei Etagen, für Veranstaltungen mit bis zu 300 Gästen.
Unvorhergesehen
Mit Unvorhergesehenem kennt sich Schlacher bestens aus: Ursprünglich hätte nämlich der Unternehmer Martin Rohla von „Habibi & Hawara“ dem Schloss-Restaurant neues Leben einhauchen sollen. Er sprang aber wegen Corona ab – und Bernd Schlacher relativ kurzfristig ein. Rohla hätte das Schlossrestaurant unter tatkräftiger Unterstützung des Forstamte, der Stadt Wien sowie der zuständigen Stadträtin Ulli Sima aus seinem Dornröschenschlaf erwecken sollen. Er sprang aber wegen Corana vom Prestigeprojekt der Stadt ab. In Bernd Schlacher fand Stadträtin Sima dann doch noch Ersatz. Als Gegenleistung erhielt dieser einen besonders günstigen Pachtvertrag. Vor mehr als einem Jahr wurde schließlich der Grundstein für die „Weitsicht Cobenzl“ von Schlacher & Co gelegt.
Mix aus neu und alt
Schlacher fungiert bei dem Projekt als Pächter. Finanziert wird es mit rund 20 Millionen Euro von einem externen Investor, dem Immobilienunternehmen „Supernova“ um Frank Albert. Die Stadt übernimmt davon 2,5 Millionen Euro an Mehrkosten, die aufgrund der Corona-Krise entstanden sind. In 30 Jahren geht das Objekt dann wieder in den Besitz der Stadt über. Bernd Schlacher, der Wunderwuzzi der heimischen Gastronomie, hat gemeinsam mit Investor Albert hier einen Aussichtstempel eröffnet, der seinem Namen „Weitsicht“ tatsächlich voll gerecht wird. Von den drei Terrassen, eine davon komplett konsumationsfrei, hat man den wahrlich schönster Fernblick auf Wien mit dem blau glänzenden Donau-Strom und den mit grünen Reben bewachsenen, sanften Hängen von Döbling und den Ausläufern des Wienerwaldes. Das Schloss und die neuen Gebäude können für Feste, Partys Seminare oder Kulturveranstaltungen genutzt werden. Auch Hochzeiten oder Geburtstagsfeste können hier abgefeiert werden.
Rettungsversuch
Die Geschichte des Schlossrestaurants hat aber noch einige interessante Facetten, denn das Cobenzl war ja jahrzehntelang eine Ruine. 1951 vom Hausarchitekten des Gastronomen Hans Hübner als Bar mit einem Café-Pavillon errichtet, musste Hübner 1973 den Betrieb einstellen, weil die Höhenstraße wegen der zunehmenden Motorisierung als Ausflugsziel an Attraktivität verlor. 1980 wurden die leerstehenden Gebäude dann auch noch durch einen Großbrand völlig zerstört. Ein gewisser Olaf Auer, Fluglehrer, Pilot und Gastronom, war in seinen Pilotenjahren bei der AUA öfter über den Kahlenberg und die Brandruine am Cobenzl geflogen. 1981 reifte in ihm der Entschluss seines Lebens: Er wollte das Schloss als Ausflugslokal beleben. Er pachtete das Areal von der Gemeinde Wien und baute das Schloss und drei Nebengebäude völlig neu auf. Ein im Dachgebälk untergebrachtes Windrad sorgte teilweise sogar für Strom und ein 10.000 Liter Wasserbecken für die Wasserversorgung bei Notfällen.
Promi-Lokal
Das Ausflugslokal wurde rasch zu einem Treffpunkt für die Prominenz der ganzen Welt. Fast jeder Staatsbesuch hatte im Programm einen Kurzbesuch am Cobenzl beinhaltet. Hier wurden Filme gedreht, Veranstaltungen und Bälle organisiert. Auch Romy Schneider hat hier mit Alan Delon getanzt. Und auch Lady Di zog hier als Statue im Schlossgarten ein, weil der Gastronom ein großer Verehrer der „Königin der Herzen“ war.
Und für die Wiener und Wienerinnen feierte das Rendezvous-Plätzchen eine Wiedergeburt. Im Rondell-Café wurden bei einem kleinen Braunen oder einem Glas Gin-Fizz wieder Händchen gehalten und im Schlossrestaurant gab es dann bei zwei Glas Sekt vielleicht auch schon den ersten Kuss. 2013 wurde Auers Pachtvertrag aber plötzlich gekündigt. Es folgte ein jahrelanger Rechtsstreit, an dessen Ende vom Gericht eine Zwangsräumung angesetzt wurde. Im Sommer 2021 wurden schließlich Teile des Schlosses und der Café-Pavillon abgerissen. Nach 36 Jahren wurde der Streit mit dem rührige Gastronom und Retter des Cobenzls also beseitigt. Dem tüchtigen Unternehmer und Menschen fehlte einfach das Glück. Sein Hund starb beim Umzug, ein Jahr später auch Olaf Auer mit 74 Jahren in Salzburg als gedemütigter Mensch.
Text + Beitragsfoto: Gerhard Krause