Wiener Spaziergänge Nr. 49

Die Zeit vergeht: Wiener Spaziergänge Nr. 49 ist angesagt. Wir sind in der Per-Albin-Hansson-Siedlung, im 10. Bezirk in Favoriten. Die Siedlung ist im südlichen Teil des Bezirkes und liegt am Südhang des Laaer Berges. In dieser Siedlung leben 14.000 Menschen. Fast eine kleine Stadt.

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Per Albin Hansson Foto © Gabriele Czeiner

Benannt wurde die Siedlung nach dem schwedischen Ministerpräsidenten (1932 bis 1946) Per Albin Hansson. Als Dank für die Hilfe, welche Schweden an Österreich nach dem Zweiten Weltkrieg geleistet hat.

Stockholmer Platz

Hier starten wir. Und benannt ist dieser Platz nach – erraten – Stockholm. Als Dank für die Hilfe dieser Stadt und natürlich auch Schwedens nach dem ersten und Zweiten Weltkrieg.

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Stockholmer Platz Foto © Gabriele Czeiner

Die Siedlung wurde von 1947 bis 1951 und von 1954 bis 1955 erbaut. Die Idee dahinter waren Pläne einer Gartenstadt aus den 1920er-Jahren. Auf 300.000 Quadratmetern wurden einstöckige Reihenhäuser und Mehrfamilienhäuser gebaut. Es wurde nur 10 Prozent (!) des Areals verbaut. Die Reihenhäuser bekamen je 240 Quadratmeter Garten zugeteilt. Sodass die Familien sich selbst mit Obst und Gemüse versorgen, aber daraus keinen Profit schlagen konnten. Das Areal rund um den Stockholmer Platz steht unter Denkmalschutz.

Bernadottegasse

Wir sind im schwedischen Viertel von Favoriten. Diese Gasse wurde nach Folke Graf Bernadotte af Wisborg benannt. Er war der Präsident des Schwedischen Roten Kreuzes.

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Bernadottegasse Foto © Gabriele Czeiner

Es ist hier wunderbar zu spazieren, es ist sehr grün und auch sehr sauber. In den 1970er-Jahren gab es eine Generalsanierung. An einigen Stellen sieht man, dass doch wieder eine kleinere oder größere Sanierung fällig wäre.

Wir bleiben noch in Schweden: Göteborggasse, benannt nach der Stadt Göteborg, das war jetzt leicht. Lundgasse, das ist schon schwieriger, benannt der südschwedischen Universitätsstadt Lund. Es wird noch schwieriger: Rickard-Lindström-Gasse: Rickard Lindström war ein schwedischer Politiker, Journalist und Sozialschriftsteller. Jetzt wieder etwas leichter: Upsalagasse, benannt nach der schwedischen Universitätsstadt Upsala. Aber jetzt: Olaus-Petri-Gasse – wer war er? Olaus oder auch Olavus oder auch Olof Petri oder auch Petersson war ein schwedischer Reformator und Humanist. Er war 1531 Kanzler von Gustav Wasa. Wasa kennen wir aus der Werbung. Wo ist mein Smörrebröd?

Selma-Lagerlöf-Gasse

Wir wandern die Per-Albin-Hansson-Straße entlang. Hier sind vor den Reihenhäusern kleine Gärten, teils mit Blumenarrangements, teils mit Sitzgelegenheiten. 

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Per-Albin-Hansson-Straße Foto © Gabriele Czeiner

Der Spaziergang findet an einem Samstag statt, es ist ein verlängertes Wochenende, also ist auch nicht viel Verkehr. Ich glaube, unter der Woche ist schon einiges los.

Eine der Seitengassen ist die Selma-Lagerlöf-Gasse. Selma Lagerlöf war eine schwedische Dichterin und Nobelpreisträgerin. In dieser Gasse ist die Vienna Bilingual School, die Volksschule Selma Lagerlöf. Auch in Favoriten hat es Vorteile Englisch zu lernen!

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Volksschule Selma-Lagerlöf-Gasse Foto © Gabriele Czeiner

Macholdastraße

Über die Selma-Lagerlöf-Brücke queren wir die Südosttangente. Hier quert auch der Stadtwanderweg Nr. 12. Ein paar Meter nach der Brücke biegen wir rechts in die Macholdastraße ab. Klingt so ein bisserl nach Schnaps. Vincenz Macholda war Landesverbandsobmann von Wien, Präsident des Zentralverbandes der Kleingärtner, Siedler und Kleintierzüchter. Hier sind die Kleingartenvereine Heubergstätten und Blumental. Wobei Kleingärten sind das nicht mehr. Es stehen hier einige wunderschöne große Häuser.

Reifentalgasse

Links ist die Reifentalgasse, benannt nach einem historischen Flurnamen. 

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Reifentalgasse Foto © Gabriele Czeiner

Die Reifentalgasse ist eine herrliche grüne Wiese, links sind Reihenhäuser, rechts eine Kleingartensiedlung. Wir gehen bis zur Laxenburger Straße. Einmal ums Eck sind wir in der Munchgasse und dann am Munchplatz. Wir machen einen kleinen Abstecher nach Norwegen zum norwegischen Maler Edvard Munch. 

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Munchplatz Foto © Gabriele Czeiner

Hier auf diesem Platz kann man sich noch ein wenig vorstellen, wie es vor vielleicht 50 Jahren einmal war. Es gab einen Greissler, einen Friseur, vielleicht eine Putzerei, natürlich eine Trafik und sicher auch ein kleines Cafe oder ein Beisl. Diese Geschäfte gibt es nicht mehr. In einigen Lokalen sind Büros untergebracht. Hier auf dem Platz gibt es noch einen Friseur und ein Beisl. So verändert sich die Stadt.

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Munchgasse Foto © Gabriele Czeiner

Diese Garagenboxen sind sehr auffallend. Auch daran sieht man, wie sehr sich das Leben in den vergangenen 50 Jahren verändert hat. Damals waren fünf Garagenplätze ausreichend. Heute würde uns das ein müdes Lächeln kosten. Wir bleiben noch ein wenig im norwegischen Grätzl. Munthegasse, benannt nach dem norwegischen Maler Gerhard Munthe. Kittelsengasse nach dem norwegischen Maler Theodor Kittelsen. Jetzt wird es dänisch: Undsetgasse benannt nach der dänischen Dichterin Sigrid Undset. Eddagasse: Edda ist eine nordische Lieder-Sagen-Sammlung. Sindinggasse: so hieß ein norwegischer Komponist, Christian Sinding. Bullgasse, nicht benannt nach des US-Serie „Bull“, sondern nach dem norwegischen Geiger Ole Bornemann Bull. 

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Bullgasse Foto © Gabriele Czeiner

Josef-Enslein-Platz

In diesem Gebäude ist eine Mittelschule untergebracht. Sowohl die Schule als auch der Platz sind benannt nach Josef Enslein. Er war Lehrer, Schulreformer, Redakteur und Politiker. Es war aktiv mit Karl Seitz und Otto Glöckel in der Sozialdemokratischen Partei. Mit Otto Glöckel war er in den 1920er-Jahren maßgeblich an der Wiener Schulreform beteiligt. Nach dem Zweiten Weltkrieg erfolgte durch ihn die Neuorganisation der Volks- und Hauptschulen in Wien. 

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Josef-Enslein-Platz Foto © Gabriele Czeiner

Über die Brücke geht es wieder zurück. Es beginnt zu regnen, aber die Per-Albin-Hansson-Straße ist wie eine Allee, hier ist man geschützt.

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„Allee“ Per-Albin-Hansson-Straße Foto © Gabriele Czeiner

Olof-Palme-Hof

Jetzt sind wir wieder am Stockholmer Platz und bei der Favoritenstraße. Wir schauen zur Franz-Koci-Straße und zum Olof-Palme-Hof. Hier beginnt der neue Teil der Per-Albin-Hansson-Siedlung. Der Ostteil wurde in den Jahren 1972 bis 1976 gebaut. Der alte Teil gefällt mir besser. Dieser Olaf-Palme-Hof hat 400 Wohnungen, es schaut wabenförmig aus und nicht sehr einladend. Eben die Bauweise der 1970er-Jahre. Aber es ist viel grün zwischen den Wohnblöcken. Benannt wurde dieser riesige Gebäudeblock nach Olof Palme, dem schwedischen Ministerpräsidenten und Vizepräsidenten der Sozialistischen Internationale.

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Olaf-Palme-Hof Foto © Gabriele Czeiner

Franz-Koci-Straße wurde benannt nach Franz Koci. Er war gelernter Schlosser, Politiker und Gewerkschaftsfunktionär. Er wurde mit 17 Jahren zum Militär in den Ersten Weltkrieg eingezogen. Nach Kriegsende wurde er Mitglied der Sozialdemokratischen Partei und der Freien Gewerkschaft. Ab 1935 wurde er mehrmals verhaftet wegen illegaler Betätigung für die Revolutionären Sozialisten. 1939 kam er in das Konzentrationslager Buchenwald. Nach Kriegsende setzte er sich vorwiegend für den Wiederaufbau des zerstörten Wohnraumes in seinem Wohnbezirk Favoriten ein. Von Herbst 1945 bis 1964 wurde er in den Wiener Gemeinderat gewählt. 

Wie oft bin ich schon durch diese Straße gefahren und jetzt weiß ich, wer Franz Koci war und was er alles erlebt und für diese Stadt getan hat. Schon beeindruckend wie viel Mut, Elan und Kraft manche Menschen aufbringen.

Ada-Christen-Gasse

Ada Christen hieß eigentlich Christiane von Breden. Ada Christen war ihr Künstlername. Sie war Schauspielerin am Meidlinger Theater und in einer Wandertruppe, sie war auch eine Schriftstellerin und sie schrieb auch Beiträge für Wiener Zeitungen. 

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Nehmen Sie Platz in der Ada-Christen-Gasse Foto © Gabriele Czeiner

Eine Seitengasse der Ada-Christen-Gasse ist die Wendstattgasse. Hier gibt es nichts Interessantes zu sehen, Häuser der 1970er-Jahre, also eher zum Wegsehen. Der Begriff Wendstatt stammt aus dem 15. Jahrhundert. Das ist eine breite Wegstelle, bei der man in den Weinbergen Wagen beladen und „wenden“ konnte. Wieder was gelernt.

Alaudagasse

Wir stoßen auf die Alaudagasse und auf den Laaer-Berger-Volkspark. Eine wunderschöne, grüne Oase. Und die Alaudagasse hat ihren Namen nach der römischen Legion V Alaudarum. Das war die Haubenlerchen-Legion, die befand sich am Wienerberg. Die Legion bekam den Namen durch die eigenartig gestaltete Helmform, die den Kopffedern der Haubenlerche ähnlich war. Diese Haubenlerchen kommen hier am Laaer Berg vielfach vor.

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Laaer-Berger-Volkspark Foto © Gabriele Czeiner

Links vom Volkspark ist das EKZ Hanssonzentrum. Auch nicht ästhetisch, aber notwendig. Neu ist seit einigen Jahren, dass die U-Bahn bis nach Oberlaa fährt und hier eine Station „Alaudagasse“ hat. Die öffentlichen Verkehrsmittel sind in unserer Stadt wirklich optimal ausgebaut. 

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EKZ Hansson Zentrum Foto © Gabriele Czeiner

Über die Favoritenstraße geht es zurück zum Stockholmer Platz. Hier endet der 49. Wiener Spaziergang. Der alte Teil von der Hansson-Siedlung gefällt mir um vieles besser. Aber sowohl im alten als auch im neueren Teil der Siedlung gibt es sehr viel Grün. Alleen, Wiesen, Parks – darum beneiden uns viele Großstädte. Heute habe ich wieder viel über unsere Stadt gelernt, das nächste Mal, wenn ich durch die Ada-Christen-Gasse oder durch die Alaudagasse gehe, weiß ich genau, woher diese Straßen ihre Namen haben.

Text + Beitragsfoto: Gabriele Czeiner

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