Blutungsrisiko bei Krebspatient:innen
Bisher wurde das Blutungsrisiko bei Krebspatient:innen unterschätzt. Eine Studie bringt neue Fakten zu bisher wenig erforschten Komplikationen ans Licht!
In einer aktuell im Fachjournal „Blood“ publizierten Studie zeigen Forscher:innen der MedUni Wien, dass Blutungen bei Krebspatient:innen häufiger vorkommen als bisher angenommen und mit einer schlechteren Prognose sowie einem erhöhten Sterberisiko verbunden sind. Die Ergebnisse unterstreichen die Notwendigkeit, der schweren Komplikation künftig mehr Aufmerksamkeit in der Klinik und Forschung zu widmen.
Hohes Blutungsrisiko
Um die neuen Erkenntnisse zu gewinnen, wurden 791 Patient:innen mit verschiedenen Krebserkrankungen über einen Zeitraum von 19 Monaten beobachtet. So stellte das Forschungsteam um Cihan Ay (Universitätsklinik für Innere Medizin I, Klinische Abteilung für Hämatologie und Hämostaseologie) in Zusammenarbeit mit Matthias Preusser und Anna Berghoff (Universitätsklinik für Innere Medizin I, Klinische Abteilung für Onkologie) ein überraschend hohes Blutungsrisiko bei Krebspatient:innen fest.
Aufgrund der engen Wechselwirkung zwischen Krebs und dem Blutgerinnungssystem treten Störungen der Blutgerinnung bei Menschen mit Krebs häufig auf. Da Tumore Substanzen absondern können, die die Gerinnung aktivieren, ist das Thromboserisiko erhöht. Dieses kann aber dank intensiver Forschung in den vergangenen Jahren mittlerweile gut eingeschätzt und durch Blutverdünnung (Antikoagulation) minimiert werden. Im Gegensatz dazu ist das Wissen um das Blutungsrisiko bei Krebspatient:innen nach wie vor lückenhaft.
„Generell ist das Blutungsrisiko bei Krebspatient:innen, die eine Antikoagulationstherapie erhalten, höher als in der Allgemeinbevölkerung. Über das Blutungsrisiko bei Krebspatient:innen ohne Antikoagulation ist jedoch nur sehr wenig bekannt“, fasst Erstautorin Cornelia Englisch (Universitätsklinik für Innere Medizin I, Klinische Abteilung für Hämatologie und Hämostaseologie) die Ausgangslage der Forschungsarbeit zusammen.
Schlechtere Prognose und erhöhtes Sterberisiko
Wie die Studie zeigt, treten Blutungen bei Krebspatient:innen nicht nur häufiger auf als bisher angenommen, sondern vermehrt auch in besonders schwerer Form („major bleeds“). Das Risiko wurde außerdem auch bei Patient:innen, die keine Antikoagulation erhalten haben, nachgewiesen. Bei dieser Gruppe waren niedrige Albumin– und Hämoglobinwerte, zwei routinemäßig erhobene Laborparameter, mit einem erhöhten Blutungsrisiko assoziiert.
„Zudem konnten wir eine besondere Form von Blutungen identifizieren, die in der klinischen Forschung bisher nicht berücksichtigt wurde, obwohl sie mit fast einem Drittel einen erheblichen Teil ausmacht. Wir haben sie Tumorblutung genannt, da sie vom Tumor selbst ausgeht“, berichtet Cornelia Englisch über ein wichtiges Detail. Zudem zeigte sich, dass Patient:innen mit Tumoren im Kopf-Hals-Bereich ein besonders hohes Blutungsrisiko aufweisen.
Blutungsereignisse bei Krebspatient:innen, auch das brachte die Studie ans Licht, sind mit einer schlechteren Prognose und einem erhöhten Sterberisiko verbunden. Für das Forschungsteam unterstreichen diese Ergebnisse die Relevanz von Blutungen als schwerwiegende Komplikation bei Krebspatient:innen, denen in Zukunft mehr Aufmerksamkeit und weitere Forschung gewidmet werden sollen.
Medizinische Universität Wien
Die Medizinische Universität Wien (kurz: MedUni Wien) ist eine der traditionsreichsten medizinischen Ausbildungs- und Forschungsstätten Europas. Mit rund 8.600 Studierenden ist sie heute die größte medizinische Ausbildungsstätte im deutschsprachigen Raum. Mit mehr als 6.500 Mitarbeiter:innen, 30 Universitätskliniken und zwei klinischen Instituten, zwölf medizintheoretischen Zentren und zahlreichen hoch spezialisierten Laboratorien zählt sie zu den bedeutendsten Spitzenforschungsinstitutionen Europas im biomedizinischen Bereich. Die MedUni Wien besitzt mit dem Josephinum auch ein medizinhistorisches Museum.
Quelle: Medizinische Universität Wien, Mag. Johannes Angerer
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