Ligurien für Romantiker
Cinque Terre für Augen, Herz und Gaumen – Ligurien für Romantiker
Traurige Nachricht
Geplant hat man den Besuch der Cinque Terre eigentlich schon bei früheren Italien-Urlauben, nur war dann immer die Zeit zu knapp. Und derzeit geht es nicht, wegen der Corona-Krise. Für die Zeit danach gibt es aber dann keine Ausrede mehr.
Cinque Terre
Die fünf malerischen Dörfer an der Steilküste Liguriens gehören einfach ins nächste Urlaubsprogramm. Und es zahlt sich jetzt besonders aus, vom rund zwölf Kilometer langen und klimabegünstigten Küstenstreifen der Riviera – zwischen Punta Mesco und Punta di Montenero nordwestlich von La Spezia – ein wenig zu träumen. Der Feinschmecker-Region Ligurien eine Visite abzustatten, ist und bleibt ein absolutes Urlaubs-Highlight. Wer es im Sommer nicht mehr schaffen sollte, der hat ja im Herbst noch Gelegenheit, auch Mailand, Genua und La Spezia ins Urlaubsprogramm aufzunehmen. Cinque Terre, die fünf (ital.: cinque) Nachbargemeinden, Riomaggiore, Manarola, Corniglia, Vernazza und Monterosso, mit ihren bunten Häusern neben den terrassenförmig angelegten Weinbergen, sind für Besucher seit jeher ein unvergessliches Erlebnis.
Abgelegen
Die fünf Dörfer waren über Jahrhunderte nur zu Fuß oder über das Meer erreichbar gewesenen. Heute kann man sie per Bahn von La Spezia über Monterosso leicht erreichen. Das ist umso wichtiger, weil man ein Quartier hier eigentlich nur bekommt, wenn man es Monate davor schon reserviert hat. Was man dann aber zu sehen bekommt, ist atemberaubend.
In den Häfen liegen bunte Fischerboote vor Anker und in den Restaurants und Trattorien werden beste Meeresfrüchte mit Pesto, der berühmten Sauce der Region Ligurien, den Feinschmeckern serviert. Wanderwege wie der „Sentiero Azzurro“ verbinden die Dörfer und bieten prächtige Panoramaausblicke über die Steilküsten und das Meer. Das Weltkulturerbe Cinque Terre, der Nationalpark mit mehreren gut markierten Wanderwegen und seine Umgebung locken mit augenbetörenden Aussichten auf die bezaubernden Dörfer.
Ligurien
Ligurien, die mit 1,4 Mio. Einwohnern kleinste Region Italiens, hat großes zu bieten: La Spezia mit der gewaltigen Hafenanlage, Lucca, die immer noch befestigte Stadt mit dem umgebauten Amphitheater, die Marmorsteinbrüche von Carrara und der Feinschmecker-Tipp „Colonnata“ mit einem besonders zarten Speck, gereift in Marmortruhen und ohne Cholesteringefahren für jedermann genießbar, entschädigen für die beschwerliche Anreise.
Seit Jahrzehnten aber verzaubern am meisten die fünf hochromantischen Ortschaften der Cinque Terre, die zum begehrten Touristenziel geworden sind. Selbst der Mangel an Quartieren und Zufahrtsstraßen sowie praktisch keinerlei Parkplätze lässt die Besucherströme nie versiegen. Den Gästen steht nämlich eine ausgezeichnete Bahnverbindung zur Verfügung. Mit der Tageskarte kann man die wichtigsten Sehenswürdigkeiten – etwa die berühmte Via dell’ Amore, imposante Wehrtürme, altehrwürdige Klöster und vorzügliche Restaurants – bequem und ohne Stress besuchen.
Manarola
In Manarola etwa lockt das „La Scogliera“ (Bild unten) oder das „Nessun Dormo“ knapp über der Via dell‘ Amore“. Etwa versteckt empfiehlt sich die „Trattoria da Billy“ oder das „Belforte“ in Vernazza, untergebracht in einem ehemaligen Burgturm. Sie alle bieten beste Meeresfrüchte von feister Qualität und absolut frisch – aber auch meist eine ebenso prächtigen Meeresblick.
Die Bewohner der malerischen Dörfer auf den Klippen haben ihr Land mit ihrer Hände Arbeit dem Fels abgerungen. Jeden Quadratmeter fruchtbare Erde haben sie selbst hierher gebracht, um auf den Terrassen zwischen aufgeschichteten Steinmauern Weinstöcke, Olivenbäume und Gemüse anzupflanzen. Die hier produzierten Weine sind auch von ausgezeichneter Qualität. Die mit fünf Sternen gewürdigte Bottiglia „Cinque Terre von Sassarini“ etwa ist um 19,41 Euro im Handel erhältlich.
Der gesperrte Liebes-Pfad
Eine wirkliche Rarität ist der schmale Wanderweg „Via dell’ Amore“ zwischen Manarola und Riomaggiore. Er ist bei Liebespaaren aus aller Welt geschätzt. Der Grund: Nach dem Bau der Eisenbahn hatte sich seinerzeit die Dorfjugend auf dem Pfad heimlich getroffen, um hier ihren jeweiligen Angebeteten erste schüchterne Liebeserklärungen zu machen. Freilich um auch sonst noch allerlei erregende Dinge zu erleben. Ein Journalist hat im „Corriere della Sera“ darüber berichtet und den „Love Way“ damit seinerzeit weltberühmt gemacht.
Bis das „Santiago di Compostela“ der Liebenden auch außerhalb von Cinque Terre entdeckt worden ist, hat es allerdings einige Zeit gedauert. Begonnen hat es ja erst mit der Eröffnung der Eisenbahnstrecke im Jahre 1920. Um die Trasse bauen zu können, mussten jahrelang Sprengmittel und Werkzeuge von Riomaggiore nach Manarola über einen engen Pfad herangeschafft werden.
Über Straßen waren die Orte von Cinque Terre damals ja nicht zu erreichen. Als die Bahntrasse fertig war, hatte der winzige Treppelweg an der Küste als Transportweg zwar ausgedient, als „Verkehrs“-Weg im wahrsten Sinn des Wortes blieb er aber erhalten, weil sich die Jugendlichen der beiden Ortschaft – unbeobachtet von den Eltern – in der Abgeschiedenheit zwischen den steilen Weingärten mit Vorliebe getroffen haben. In den 60er-Jahren des vorigen Jahrhunderts wurde der Weg dann sogar ausgebaut und als „Via Nuova“ Bewohnern und Touristen gleichermaßen zur Verfügung gestellt. Was man damals noch nicht ahnen konnte: Der Treffpunkt der Liebenden war mit der Veröffentlichung der Love-Story im Zeitungs-Artikel nämlich weltweit bekannt geworden.
Tausende Liebende pilgerten seither nach Cinque Terre. Sie haben dort ihre heißen Liebesnachrichten und Malereien auf den Steinmauern hinterlassen oder haben Herzen mit ihren Initialen in Agaven oder Kakteen geritzt. Besonders eindrucksvoll sind auch die zahlreichen kleinen Schlösser, welche die Liebenden am Eisengeländer des knapp eineinhalb Kilometer langen Wanderweges angebracht haben, um ihre „ewigen Liebe“ zu besiegeln: Die Schlüssel der Schlösser landeten dann nämlich unwiederbringlich in den hohen Wellen des Meeres, um die Liebe des Paares „unentsperrbar“ werden zu lassen. Was dem Weg selbst leider nicht gelungen ist!
Sperre noch bis 2023
Die „Via dell’Amore“, der wohl berühmteste Wanderweg Italiens, musste nach einem Erdrutsch im Jahre 2012 zum Großteil gesperrt werden. Vier australische Touristen wurden damals beim Unglück schwer verletzt. Eine von der Staatsanwaltschaft verfügte Sperre war die Folge. Die sehr schwierigen rund 12 Millionen Euro teuren Sanierungsarbeiten sind aber bereits angelaufen. Ab 2023 soll der Weg der Liebenden von Riomaggiore nach Manarola wieder in voller Länge zur Verfügung stehen. Und zwar mit einem unglaublich schönen Panoramablick auf das azurblaue Mittelmeer. Diese Aussicht kann man aber auch schon jetzt auf dem kurzen offenen Teilstück des Weges, wenn auch etwas eingeschränkt, genießen. Allerdings als Vorsichtsmaßnahme nur in Wanderschuhen. Wer hier mit Flip-Flops erwischt wird, muss mit bis zu 2.500 Euro Strafe rechnen.
Text und Fotos: Gerhard Krause