Prater
Der nächste Wiener Spaziergang, es ist schon die 9. Wanderung durch und in Corona-Wien. Wir gehen in den Prater. In den Grünen Prater und in den Wurstelprater. Erholung und Vergnügen. In Corona-Zeit nur Erholung. Übrigens, die älteste Erwähnung des Praters findet sich in einer Urkunde aus dem Jahr 1162. In dieser Urkunde werden die Grundstücke zwischen Schwechat und Donau die Pratum (= Wiese) genannt.
Messe Wien und Campus WU
Start U2 Station Messe – Prater. Hier war vor 100 Jahren die Rotunde. 1873 gab es die Weltausstellung in Wien, in der Rotunde. Diese Weltausstellung wurde kein großer Erfolg. Ein wirtschaftliches Desaster infolge von tagelangen Regen, das Gelände stand teilweise unter Wasser und dann wütete noch die Cholera in Wien. Es gab danach noch einige Ausstellungen, teilweise wurde das Gebäude als Lager für die Stadt Wien verwendet. Nach dem Ersten Weltkrieg stand die Rotunde der Wiener Internationalen Messe zur Verfügung. 1937 nach einem Großbrand brannte die Rotunde komplett ab. An dieser Stelle wurde der „Campus WU“ errichtet. Die heutige Messe Wien wirkt im internationalen Vergleich eher klein. Es werden jährlich etwa 20 Messen abgehalten. Die Seniorenmesse und Reisemesse ist für uns 49plus-jährige wahrscheinlich die interessantesten Messen.
Über den Rotundenplatz gehen wir Richtung Grünen Prater oder Prater Au. Vorbei am Praterbuffet, welches natürlich geschlossen ist. Ein wenig Raunzen muss sein!
Grüner Prater
„Im Prater blühen wieder die Bäume“, wer kennt nicht dieses Lied von Robert Stolz. Wenn wir jetzt in den Grünen Prater kommen blühen überall die Bäume. Der Prater ist ein Erholungsgebiet für Menschen und Tiere.
1766 gab Kaiser Joseph II. den Prater für alle Bewohner der Stadt zur Benutzung frei. Es wurde zu einem Erholungsgebiet und Rückzugsort der Bevölkerung. Das Herzstück ist die Hauptallee. Sie ist 4,4 km lang und die Verbindung zwischen Praterstern und Lusthaus. Wurde früher die Hauptallee von Kutschen befahren, so wird sie jetzt von Radfahrern, Joggern und Spaziergängern bevölkert. Vor allem an den schönen sonnigen Tagen. Wenn man aber abseits der Hauptallee wandert, gibt es wunderschöne kleine Pfade, auf denen man keine Menschen begegnet. Vielleicht einen Hasen und zeitig in der Früh einen Waschbären. Natur in der Stadt.
Vorbei an einer Station der Liliput-Bahn, wir lassen das Stadionbad links liegen und gehen in den Wald. Die Wege werden durch umgefallene Baumstämme unterbrochen, es gibt kleinere und größere Wasserstellen. Das bekannteste ist sicher das Heustadlwasser. Hier kann man auch Ruderboote ausleihen und schwimmen. Es ist Zeit zum Verweilen, Zeit, die Natur zu genießen. Einfach loslassen. Corona hat auch seine guten Seiten. Es sind aber nicht so viele!
Lusthaus
Es wurde 1560 erstmals erwähnt, das „grüne Lusthaus“. Es diente als Jagdhaus. Nach der Öffnung des Praters wurde das Lusthaus neu erbaut. In diesem Haus gab es große Feierlichkeiten des Kaiserhauses. Im 19. Jahrhundert war das Lusthaus dann ein beliebter Treffpunkt von Adel und Bürgertum. In der Zwischenkriegszeit war es eine Bar mit Musik und Tanz. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Lusthaus zerstört. Danach wieder aufgebaut und unter Denkmalschutz gestellt. Heute befindet sich darin ein Cafe und ein Restaurant, und demnächst wird es auch wieder geöffnet sein.
Maria Grün
Die Wallfahrtskirche Maria Grün wurde 1924 eingeweiht. Die Geschichte dieser Kirche, genauer gesagt dieses Ortes begann aber schon viel früher: 1863. In der Nähe gab es eine Volksschule und den Kindern aus der Gegend einen Messebesuch zu ermöglichen hängte der Lehrer Anton Schentz ein Marienbild an einem Baum auf. Auch viele Erwachsene nutzten dieses Bild als Andachtsort. 1911 wurde eine Marienstatue aufgestellt. Heute ist die Kirche unter anderem ein Wallfahrtsziel der in Wien ansässigen Burgendlandkroaten.
Retour zum Lusthaus geht es weiter über die Rennbahnstraße zur Freudenau. Der Galopprennbahn von Wien. Die Rennbahn wurde bereits 1839 eröffnet. Heute ist die Freudenau ein Veranstaltungsort für Events. Vor allem die Kaiserloge ist sehenswert. Bilder werden nachgeliefert – nach Corona!
Wurstelprater
Jetzt kommt der Teil vom Prater, den wir als Kinder geliebt haben. Ringelspiel, Autodrom, die vielen bunten Lichter. Es war eine andere Welt in der wir als Kinder und Jugendliche eintauchten. Nach der Öffnung des Praters durch Kaiser Joseph II. gab es auch die ersten Vergnügungsbetriebe wie Schaukeln, Ringelspiele und natürlich Wirtshäuser. Der Name leitet sich vom Wurstel- oder Kasperltheater ab. Hier wurden den Wienern viel geboten. Angefangen vom stärksten Mann, von der größten Schlange. Es gab viel zu sehen und zu staunen.
Ein Wahrzeichen unserer Stadt ist das Riesenrad. Es wurde 1897 zum 50. Thronjubiläums Kaiser Franz Joseph I. errichtet. Es war damals eines der weltweit größten Riesenräder. Also in Nicht-Corona-Zeit kann man eine Gondel mieten für ein Candle-Light-Dinner oder einen Brunch. Der Ausblick über Wien ist wirklich sensationell. Ein herrlicher Blick über die Dächer von Wien. Wer das noch nie genossen hat, kennt nicht Wien.
Calafati
Noch ein Wahrzeichen vom Wurstelprater ist der Calafati. Der „Große Chinese“ ist eine 9 Meter hohe Figur. Ursprünglich war diese Figur beim Ringelspiel. Der Besitzer dieses Ringelspiels war Basilio Calafati – daher der Name. 1978 erschien von Peter Cornelius die Single „Wie da Calafati auf’m Prater Ringelspü‘ steh‘ i do und waß net wia ma g’schicht.“ (1978 und Single, das war die kleine Schallplatte – 49plus lässt grüßen!). Der Prater hat immer schon für Musik gesorgt, wie zuvor erwähnt Robert Stolz, aber auch Hermann Leopoldi mit seinem „Schön ist so ein Ringelspiel“ sind seit Jahrzehnten bekannt und unvergessen.
So endet der Spaziergang durch den Prater. Ohne Stelze und Bier im Schweizer Haus oder in der Luftburg. Keine Zuckerwatte, kein Kaffee. Aber demnächst sperren wieder die Kaffeehäuser, Restaurants und Wirtshäuser auf. Wir werden es genießen wieder unter Menschen zu sein, zu plaudern, zu lachen. Aber bitte mit Abstand, daran sollten wir uns gewöhnen.
Text und Fotos: Gabriele Czeiner