Wiener Spaziergänge IV
Wir haben die 4. Woche Lockdown. Es ist eine ungewöhnliche und sehr gewöhnungsbedürftige Zeit. Es sind noch immer alle Lokale geschlossen und die Stadt ist wie ausgestorben. Also nützen wir die Zeit und machen wieder einen Spaziergang in Wien. Es ist herrlich durch die menschenleeren Straßen zu wandern. Ich kann mich mitten auf die Straße stellen und daher die schönsten Fotos machen. So wie heute am Schwarzenbergplatz. Fast keine Autos, keine Fußgänger – außer mir, keine Radfahrer, keine Touristen. Wien den Wienern – naja fast keine Kaffeehäuser, keine Restaurants, keine Heurigen. Das Granteln geht weiter.
Museumsquartier
Wir starten beim Museumsquartier. Das Gebäude ist im 7. Bezirk, Neubau, kurz MQ genannt. Es liegt an der Zweierlinie und Mariahilfer Straße. Das Hauptgebäude waren die ehemaligen Hofstallungen aus dem 18. und 19. Jahrhundert. Die Außenfassade des MQ ist die längste Barockfassade Wiens.
Vis a Vis vom MQ ist der Maria Theresien Platz mit dem Kunsthistorischen und Naturhistorischen Museum.
Getreidemarkt
Wir gehen weiter zur Kreuzung Babenbergerstraße – Mariahilfer Straße – Getreidemarkt. Der Getreidemarkt benannt nach „Umschlagplatz für Getreide“. Hier stand auch das städtische Getreidemagazin und die Getreidemarktkaserne. Heute befindet sich hier die TU-Wien und an der Kreuzung zur Linken Wienzeile steht die Sezession und rechts der Naschmarkt.
Naschmarkt
Zu Naschmarkt muss natürlich wieder geraunzt werden, alle Restaurants und Bars sind geschlossen. Lediglich Marktstände mit Lebensmittel sind geöffnet. Man spürt zumindest den Flair des Markte auch ohne Kaffe oder Grüner Veltliner. Seit 1780 ist der Naschmarkt hier an diesem Standort. Er wurde von der Freyung hier her verlegt nachdem es zwischen Magistrat und Schottenkloster zu Konflikten gekommen war. Jeden Samstag gibt es am Ende vom Naschmarkt einen Flohmarkt. Von Antiquitäten bis Ramsch ist alles zu bekommen.
Bärenmühle
Wir gehen durch den Bärenmühl-Durchgang. Hier stand die Bärenmühle. Seit Anfang des 18. Jahrhunderts gibt es die Sage, dass sich hier fallweise Bären verirrt haben sollen (Nachweisbar 1715 nach Hütteldorf). Der Sage nach gab es einen nächtlichen Überfall eines Bären auf den Müller Johann Wechtel und sein Knecht hat ihn gerettet, das soll sich in der Zeit der Zweiten Türkenbelagerung ereignet haben. Tatsächlich geht der Name auf ein Wirtshaus „Zum schwarzen Bären“ neben der Mühle zurück.
Karlsplatz
Der Durchgang verkürzt den Weg von der Rechten Wienzeile über die Margaretenstraße zum Karlsplatz. Zur Zeit wird das Wien Museum am Karlsplatz generalsaniert. Bei diesen Arbeiten wurde das Fundament eines Soppingcenters gefunden. 1922 wurde das Einkaufszentrum eröffnet, von der Firma Barth mit Unterstützung der Stadt Wien. In den 3000 m2 große Verkaufshallen wurden Luxusgüter verkauft. Pelze, Hüte, Schirme, Motorräder, Autos, etc. Die Zeit war nicht für ein Einkaufscenter geeignet, die Käufer blieben aus. Ab 1925 wurde die Hallen als Lager verwendet und 1927 wurde ein Stadtheuriger eröffnet mit Schrammelmusik. Von 1933 bis 1936 wurden die Hallen zerstört.
Otto Wagner Pavillon: Das sind sie ehemaligen Stadtbahnstationen, entworfen von Otto Wagner. Jugendstil pur! Das muß man sich ansehen, und jetzt in Corona-Zeit kann man wirklich davor stehen, auch stundenlang, und dieses Meisterwerk bewundern. In diesem Pavillon zeigt das Wien Museum eine Dokumentation über das Leben und die Arbeiten von Otto Wagner. Nach Corona unbedingt ansehen.
Karlskirche
1713 während der letzten großen Pestepidemie versprach Kaiser Karl VI eine Kirche bauen zu lassen. Durch das kaiserliche Versprechen sollte die Pest beendet werden. Die Karlskirche ist eine der bedeutendsten barocken Kirchenbauten und gehört zu den Wahrzeichen von Wien. In der Kirche gibt es Konzerte. Von klassischer Musik, Vivaldi’s Vier Jahreszeiten, bis zu Weihnachten Gospel-Music. Vielleicht bekommen wir nach Corona auch ein Gebäude, dass an diese Zeit erinnert. Wie wäre es mit einem Corona-Heurigen oder einem Corona-Kaffeehaus?
Karlsplatz 5, das ist jetzt der 1. Bezirk, Albertina Modern und das Künstlerhaus. Das Gebäude wurde renoviert und sollte im März eröffnet werden, aber Corona hatte etwas dagegen.
Musikverein
Neben dem Künstlerhaus ist der Musikverein. DAS Konzerthaus in Wien. Im Haus befindet sich der Goldene Musikvereinssaal, der als einer der schönsten und akustisch besten Säle der Welt gilt. Das Haus wurde 1870 mit einem Konzert eröffnet und alle waren voll des Lobes über diese grandiose Akustik. Eine der bekanntesten Veranstaltungen in diesem Gebäude ist das jährliche Neujahrskonzert, welches in der ganzen Welt übertragen wird.
Was würde mir jetzt schmecken? Richtig ein Kaffee…
Schwarzenbergplatz
Wir gehen weiter Richtung Ring, beim Hotel Imperial vorbei, das gerade eingerüstet ist. Jetzt sind wir am Schwarzenbergplatz. Ich muss sagen, das habe ich noch nie erlebt. Es ist fast kein Verkehr, ich kann kreuz und quer über den Platz gehen und die schönsten Fotos machen. Auf diesem Platz grenzen, im Uhrzeigersinn, der 1., der 3. und der 4. Bezirk aneinander. Der Feldherr Karl Philip Schwarzenberg bekam hier ein Denkmal, nachdem er in der Schlacht bei Leipzig siegreich war. Anläßlich zum Bau der 1. Wiener Hochquellenwasserleitung, wurde der Hochstrahlbrunnen 1873 eröffnet. Nach dem zweiten Weltkrieg, in der Besatzungszeit, wurde der Platz in Stalinplatz umbenannt. Im Haus der Industrie war der Sitz des Alliierten Rates der vier Besatzungsmächte. Unter dem Schwarzenbergplatz war Ende des 19./Anfang des 20. Jahrhunderts die Zwingburg. Das war eine Unterkunft in der Kanalisation wohin sich Obdachlose zurückgezogen haben.
Wir gehen weiter vorbei an der Französischen Botschaft. Dazu muss noch erwähnt werden, es war die erste Botschaft Frankreichs, die als solche geplant wurde. Das Gebäude ist eine Hommage an den Wiener Jugendstil.
Weiter gehts Gußhausstraße, wir befinden uns jetzt im 4. Bezirk, rechts ist die Hoyosgasse, hier haben wir einen Blick zur Karlskirche. Wir überqueren die Argentinierstraße, hier ist das Funkhaus vom ORF, Radioübertragungen werden von hier gemacht. Wir kommen zur Favoritenstraße, bleiben kurz stehen und schauen uns diese Fassade an.
Ende
Wiedner Hautpstraße, Schleifmühlgasse und wie landen wieder am Naschmarkt. Und noch immer kein Kaffee und Kuchen, kein Treffen mit Freunden. Als Abschluss habe ich noch ein Foto von der Linken Wienzeile, hier stehen wunderschöne Jugendstilhäuer. Einfach stehen bleiben geniessen und bewundern. Auf der Linken Wienzeile ist das Cafe Drechsler, ich brauche nicht zu schreiben, wie gerne ich jetzt einen Kaffee hätte.
Das war der 4. „Corona“-Spaziergang in Wien. Es ist ein komisches Gefühl durch Wien zu wandern, wenn die Stadt so ruhig ist. Es ist aber auch sehr schön, die Stadt zu bewundern ohne Lärm, ohne Touristen, ohne Verkehr. Wir werden diesen Zustand wahrscheinlich noch ein paar Wochen haben, und ich werde die Zeit nutzen und noch ein paar Spaziergänge durch unsere Stadt machen.
Text: Gabriele Czeiner