Wiener Spaziergänge Nr. 14
Im Prater blühen wieder die Bäume – der 14. Wiener Spaziergang beginnt im Wurstelprater. Den Vergnügungspark werden wird am Ende des Spaziergangs noch einen kleinen Besuch abstatten. Start ist beim Riesenrad und wir wandern Richtung Venediger Au.
Venediger Au
Urkundlich erwähnt wurde dieser Ort erstmals 1377. Den Namen bekam dieses Gebiet 1905 wegen der guten Handelsbeziehungen und der Ähnlichkeit zu Venedig. Auf dem Areal der ursprünglichen Venediger Au entstanden der Wustelprater, der Zirkus Busch, der Zirkus Zentral und das Präuschers Panoptikum. Heute ist die Venediger Au eigentlich nur mehr der Park zwischen Praterstraße, Praterstern und Lassallestraße.
Ybbsstraße
In den Jahren 1871 bis 1875 wurde die Donau reguliert. Es wurden Gebiete am heutigen rechten Donauufer trockengelegt und parzelliert. Einige Straßen und Gassen wurden unter anderem nach Nebenflüssen der Donau benannt. Ybbsstraße Nr. 12 habe ich über einen Eingang eine schöne Stuckatur entdeckt, aber leider keine Geschichte dazu. Vielleicht weiß ein Leser mehr. Nr. 25, das Eckhaus zur Harkortstraße fällt einem ins Auge. Das Haus hat schöne Loggien, der Stuck vom Haus wurde wahrscheinlich nach dem Krieg, im Zuge einer Renovierung entfernt. Im Haus gibt es auch ein typisch wienerisches Gasthaus „Hlavac“. Also wenn der Lockdown vorbei ist, werden wir die Spaziergänge nochmals abgehen und alle Lokale besuchen. Wird aber dann länger dauern als alle Lockdowns zusammen. Harkortstraße wurde nach dem Eisenkonstrukteur und Inhaber einer Duisburger Baufirma benannt. Diese Firma hat unter anderem die Rotunde und die Ostbahnbrücke erbaut (1873).
Mexikoplatz
Die Ybbssttraße mündet in die Vorgartenstraße, wie gehen rechts und biegen die nächst Möglichkeit nach links ab, das ist die Ennsstraße. Wir wissen schon woher der Name kommt. Die Ennsstraße endet beim Mexikoplatz. Dieser Platz hatte schon sehr viele Namen, unter anderem Erzherzog-Karl-Platz. 1956 wurde der Platz in Mexikoplatz umbenannt. Zur Erinnerung, dass Mexiko das einzige Land war, dass die Annexion Österreich 1938 durch Hitler-Deutschland nicht anerkannte. Der Mexikoplatz hatte in den 70er- und 80er-Jahre keinen guten Ruf. Hier konnte man alles kaufen, von Zigaretten, Kaviar, Krimsekt bis zur Kalaschnikov. Heute geht es hier sehr ruhig und gesittet zu rund um die Franz-von-Assisi-Kriche. Die Kirche wurde zum 50-jährigen Regierungsjubiläum von Franz Joseph I. erbaut (1898). Die Weihe erfolge 1913.
Engerthstraße
Unsere Stadtwanderung führt uns weiter zur Wehlistraße, Wachaustraße und wir sind in der Engerthstraße. Was hier auffällt, dass sehr viele Wohnhausanlagen aus den 70er- bis 90er-Jahre sind. Nicht sehr schön und ansprechend. Flachbauten, riesige, verschachtelte Anlagen. Wir spazieren weiter und halten Ausschau nach einem geöffneten Lokal. Wunschdenken. Aber vielleicht ist es in ein paar Wochen soweit, dass wir wieder zumindest im Schanigarten sitzen können. Im Zuge des Ausbaues und der Neugestaltung des Messegeländes wurde hier sehr viel neu gestaltet. Die U2 fährt über Prater, Messegelände, Krieau, Stadion und dann weiter Richtung Seestadt. Bei der Station Stadion gibt es ein Einkaufscenter. Natürlich sind nur Lebensmittelgeschäfte geöffnet.
Messegelände
Das Messegelände haben wir schon einmal besucht, aber wir kamen von der anderen Seite, von der Hauptallee. Heute spazieren wir auf der Vorgartenstraße, Ausstellungsstraße wieder Richtung Riesenrad. Die Vorgartenstraße wurde 1893 benannt nach den erstmals in Wien VOR Miethäusern angelegten Vorgärten. Die linke Seite der Vorgartenstraße und Ausstellungsstraße, ist das Messegelände, hier wurde alles neu gemacht.
Ein Blick nach oben, ohne Stolpern, und wir sehen St. Michael und der Drache. Als Wandrelief auf dem Haus Schrotzbergstraße 8.
Der Spaziergang in dieser Straße läßt uns Vergangenheit und Gegenwart spüren. Rechts das alte Wien der Monarchie, links das neue Wien der Domokratie. Wir gehen nach rechts und verbringen noch ein wenig Zeit mit der Geschichte unserer Stadt.
Stuwerviertel
Entstand auch im Zuge der Regulierung der Donau. Der ursprüngliche Name dieses Grätzels sollte eigentlich Donaustadt heißen, wurde aber von der Bevölkerung nicht angenommen. 1955 wurde dann der 22. Bezirk zur Donaustadt. Der Name Stuwerviertel geht auf Johann Georg Stuwer zurück. Er veranstaltete in dieser Gegend ab 1774 Kunstfeuerwerke. 1876 wurde von seinem Urenkel Anton Stuwer das letzte „Stuwersche Feuerwerk“ abgebrannt. Durch das Nahverhältnis zum Vergnügungsviertel Prater entstand Anfang des 20. Jahrhunderts eine Rotlichtszene. Seit 2011 ist die Straßenprostitution verboten, seitdem ist dieses Viertel um einiges ruhiger und sicherer geworden aber auch mit etlichen leerstehenden Lokalen.
Wurstelprater
Wir biegen in die Molkereistraße, in dieser Straße war ein Gebäude der Wiener Molkerei, überqueren die Ausstellungsstraße und sind im Wurstelprater. Da hatten wir ja schon einen Spaziergang in einem Lockdown. Es ist als ob man in eine Geisterstadt geht. Keine Lichter. Keine Musik. Kein Lärm. Keine Geisterbahn. Jetzt sind wir die Geister, auf der Suche nach einer anderen Zeit.
Wir sind wieder beim Riesenrad. Ein Spaziergang ohne Kaffee, ohne Wein, Bier oder Stelzen vom Schweizerhaus. Coffee To Go – das ist wirklich nichts für uns Wiener. Wir lieben es im Kaffeehaus oder beim Wirten oder beim Heurigen zu sitzen. Hoffen, wir auf ein baldiges Ende der Pandemie, damit wir unsere Gemütlichkeit wieder leben können.
Text + Betragsfoto: Gabriele Czeiner