Wiener Spaziergänge Nr. 27
Der Frühling steht vor der Tür, die kalte Jahreszeit ist fast vorbei. Wir machen unseren nächsten Wiener Spaziergang. Nr. 27 in Ottakring. Das ist der 16. Bezirk. Ottakring hatte bis zur Jahrtausendwende keinen guten Ruf. Die vielen Zinshäuser im Bezirk waren stark abgewohnt, Bassenas und Toiletten am Gang. Die Wohnungen wurden zu extrem hohen Mieten an Ausländer vermietet.
Die Stadt Wien hat dann viele günstige Kredite zur Sanierung von Wohnraum vergeben. Aus dem herunter gekommenen Bezirk wurde im Laufe der letzten 20 Jahre eine gute Wohngegend. Es wird jetzt noch sehr viel gemacht, im letzten Herbst wurde die Sanierung der Thaliastraße fertiggestellt mit vielen Bäumen und Sitzmöglichkeiten.
10er Marie
Hier starten wir heute. Diesen Heurigen gibt es schon seit 1740, es ist der älteste Heurige Wiens. Ich dachte mir nach Ende des Spazierganges werde ich hier einkehren, aber es ist Sonntag und Sonntag ist Ruhetag. Das fällte mir noch einige Male unangenehm auf an diesem Spaziergang, sehr viele Lokale haben hier Ruhetag am Sonntag. Viele Lokale sind für immer geschlossen, das hat Corona verursacht oder beschleunigt.
Odoakergasse
Über die Sandleitengasse, wird dann noch berichtet, landen wir beim Musilplatz. Benannt, natürlich, nach dem großen österreichischen Schriftsteller Robert Musil.
Auf dem Platz ist ein Spielplatz, ob das hier so lustig ist zu spielen bezweifle ich. Die Sandleitengasse ist sehr, sehr stark befahren und laut. Wir biegen in die Arnethgasse ein. Benannt nach Joseph Ritter von Arneth. Wir gehen ein Stückchen weiter in der Zeitleiste, in die Antike. Die Odoakergasse wurde nach dem germanischen Heerführer Odoaker benannt. Er stürzte 493 das Weströmische Reich. Davon sieht man aber nichts mehr. Wir gehen wieder bei der 10er Marie vorbei, noch immer geschlossen. Ein Heuriger der am Sonntag geschlossen hat. Unfassbar.
Pfarrkirche Alt-Ottakring
Davor stehen wir jetzt. Die ersten Kirchen Ottakrings wurden schon im 15. Jahrhundert erwähnt. Dieser Neubau stammt aus 1912.
Wenn man durch Ottakring spaziert sieht man von kleinen Weinhauer-Häuschen, Zinshäusern bis zum modernen Neubau der 1970er Jahre alles bunt gemischt. Bei manchen Häusern fragt man sich wo hat der Architekt sein Handwerk gelernt?
Weinheimergasse
Hier sehen noch Stadtbahnbögen. Heute fährt darauf die Vorortelinie bzw. am Gürtel die U-Bahn. Es gibt in Wien noch über 470 dieser Bögen, sie wurden in den Jahren 1859 bis 1901 gebaut und es gibt auch Nachbauten von 1989. Die meisten dieser Arkaden wurden von Otto Wagner als „Nebenprodukt“ der Stadtbahn entworfen. Karl Lueger, der damalige Wiener Bürgermeister, kritisierte die Bögen als „Chinesische Mauer“. So ändern sich die Ansichten, heute sind die Viadukte sehr beliebt und Karl Lueger wird kritisch betrachtet.
Die Flächen in diesen Bögen werden, vor allem am Gürtel, für In-Lokale genützt, aber auch für Werkstätten, Lager oder Galerien.
Hergott aus Sta
Wir gehen bei der Speckbachergasse vorbei. Hier in dieser Gasse ist der Heuriger „Hergott aus Sta“. Karl Hodina, der Wienerlied-Musiker und Maler hat hier sehr oft gesungen und gespielt. Und das Lokal ist nach einem seiner Lieder „Hergott aus Sta“ benannt. Dieses Lokal hat am Sonntag Nachmittag geöffnet.
Wattgasse
Die Wattgasse ist ein Teil der „Nord-Süd-Verbindung“. Sie führt von Gersthof bis zum Schloß Schönbrunn. Wochentags so gegen 17.00 Uhr merkt man wie lange diese Gasse ist, vor allem wenn man im Stau steht. Benannt wurde sie nach dem schottischen Erfinder James Watt. Er erfand die Niederdruck-Dampfmaschine.
Zur Heiligen Familie
Nein es kommt jetzt nicht „Ein echter Wiener….“. Hier handelt es sich um die Pfarre „Zur Heiligen Familie“ oder auch Neuottakringer Kirche. 1898 fand hier die erste Messe statt. Kaiser Franz Josef I. war anwesend. Die Straßen und Gassen waren alle mit Fahnen und Reisig geschmückt aber auch mit schwarzem Trauerflor. Kaiserin Elisabeth war wenige Wochen zuvor ermordet worden. Die Kirche sollte ursprünglich Rudolfskirche heißen, nach dem Selbstmord des Kronprinzen wurde sie der „Zur Heiligen Familie“ geweiht.
Wir gehen zurück die Arnethgasse. Hier stehen ein paar sehr nette Zinshäuser. Schön renoviert. Man sieht, dass hier in den letzten 20 bis 30 Jahren sehr viel verschönert wurde, es wurden auch, wo es möglich war, Bäume gepflanzt.
Diese kleinen Lokale, Weinschenken, Heurige, „Branntweiner“ gab es bis vor einigen Jahren unzählige in Wien. Heute sieht man sie fast nicht mehr, dafür „Döner- und Kebab-Buden“. Nachfrage und Angebot!
Karl-Kantner-Park
Wir überqueren die Sandleitengasse. Hier gab es bis ins 19. Jahrhundert Sandgruben. 1894 wurde diese Gasse, damals war es noch ein Gasse, dann eben die Sandleitengasse. Über die Montleartgasse, benannt nach Wilhlemine Fürstin von Montleart, kommen wir zum Karl-Kantner-Park. Karl Kantner war Feuerwehrhauptmann und Obmann der freiwilligen Feuerwehr Wiens. Der Park ist hier eine wirkliche Ruheoase. Ein Spielplatz für Kinder und viel Grün. Und wir finden wieder eine Statue vom Hl. Johannes von Nepomuk. Es würde mich interessieren wie oft man Johannes von Nepomuk in Wien findet. Ich glaube, es gibt keinen Park, wo er nicht verewigt ist. Ob er noch seiner Aufgabe als Heiliger nach kommen kann ist fraglich.
Erdbrustgasse
Diese Gasse führt beim Grünspan vorbei, ein Wirtshaus, heute geöffnet, mit guter Küche. Der Name der Gasse wurde zur Wahrung des Riednamens Erdbrust benannt. Über die Gallitzinstraße kommt man zum Ottakringer Friedhof, über das Liebhartstal weiter zum Wilhelminenberg. Der Herr Demetrius Fürst Gallitzin war ein Schloss- und Grundbesitzer.
Hofzinsergasse
Diese Gasse wurde nach Johann Nepomuk Hofzinser benannt. Hofzinser war eine umtriebige Persönlichkeit. Er schrieb für verschiedene Zeitungen Konzert- und Theaterkritiken. Bekannt wurde er auch als Zauberer. In den Wiener Salons war er ein angesehener Gast, er wurde „der schöne Mucki“ genannt, weil er gerne die Damenwelt mit ausgewählten Kunststücken bezauberte.
Über die Erdbrustergasse geht es zur Sandleitengasse und wieder zu unserem Ausgangspunkt 10er Marie. Am Weg nach Hause wird sich sicher ein Kaffeehaus finden und wenn nicht, mache ich eben einen kleinen Umweg.
Ein Foto möchte ich unseren Lesern am Ende dieser Stadtwanderung nicht vorenthalten:
Text + Beitragsbild: Gabriele Czeiner