Wiener Spaziergänge Nr. 31
Heute habe ich einen wunderschönen Wiener Spaziergang. Wir wandern über die Steinhofgründe zur Otto Wagner Kirche. Wir genießen das satte Grün, die gute Luft, den herrlichen Ausblick über Wien und natürlich die Otto Wagner Kirche.
Steinhofgründe
Die Feuerwache am Steinhof ist der Start. Dieses Gebäude wurde 1929/30 nach Plänen des Architekten Josef Bittner errichtet.
Durch das Tor neben der Feuerwache zu gehen, ist als ob man in eine andere Welt eintritt. Herrliches sattes Grün, die Bäume blühen, Ruhe und in weiter Ferne sieht man die Silhouette von Wien.
Das hier auf den Steinhofgründen ein Erholungsgebiet entstand ist einer Bürgerinitiative von 1981 zu verdanken. Dieses Gebiet sollte verbaut werden. Heute unvorstellbar. Anfang 2007 wurde die Grünfläche nochmals erweitert. Dieses Erholungsgebiet hat jetzt 42 Hektar. Das mitten in einer Großstadt. Dazu gehört auch das ehemalige Otto-Wagner-Spital und natürlich die Otto-Wagner-Kirche.
Der Name Steinhof ist eine alte Ortsbezeichnung. In diesem Gebiet waren die Ottakringer Steinbrüche und Steinlagern, diese wurden Steinhöfe genannt. Dieses Gebiet gehörte einmal zu Niederösterreich. Der Landtag beschloss 1902 den Bau einer Landesheil- und Pflegeanstalt. 1907 wurde diese eröffnet. Seit 1938 gehört das Gebiet zu Penzing, also 14. Bezirk.
An den Wanderwegen gibt es mehrere Schutzhäuser. Jetzt sind endlich wieder alle geöffnet. Ich machte meinen Spaziergang an einem Sonntag, da waren alle Schutzhäuser sehr gut besucht. Also entweder später gehen und so die Chance auf einen freien Tisch im Lokal zu bekommen oder reservieren.
Es gibt hier auch die Möglichkeit ein Picknick zu veranstalten. Mitten in den Wiesen stehen Bänke. Eine Pause, für ein Glas Wein oder Prosecco.
Otto Wagner Kirche
Aber mein Ausflug hat heute nichts mit Prosecco zu tun. Die Otto-Wagner-Kirche ist mein Ziel. Diese wunderschöne Jugendstilkirche gehört zum Wien Museum. Jeden Samstag Nachmittag und Sonntag ganztägig ist die Kirche für Besucher geöffnet.
Die Kirche zum heiligen Leopold, das sagt keiner, das ist die Otto Wagner Kirche oder Kirche am Steinhof. Der Jugendstil-Architekt Otto Wagner wurde mit der Planung beauftragt. Ein Glück für Wien. Otto Wagner baute eine „Anstaltskirche“. Eine Kirche, welche geeignet sein sollte für psychisch kranke Patienten. Er sprach mit Ärzten und Pflegepersonal. Ein Arztzimmer, Toiletten und Notausgänge wurden eingeplant. Die Kirchenstühle hatten keine scharfen Ecken, wegen der Verletzungsgefahr.
Interessant auch die Anordnung der Bankreihen. Die linken und rechten Bankreihen haben fünf Sitzplätze für die „ruhigen“ Patienten, die mittleren Sitzreihen wurden für die „unruhigen“ Patienten reserviert mit je 4 Sitzplätzen. Es gab separate Eingänge für männliche und weibliche Patienten. Damals war in der Nervenheilanstalt Geschlechtertrennung.
Die Kirche wurde am 8. Oktober 1907 durch Erzherzog Franz Ferdinand eröffnet. Seit 1920 ist die Kirche im Eigentum der Stadt Wien. Bis in die 1990er Jahre verfiel das Bauwerk. Nach sechsjährigen Renovierungsarbeiten wurde die Kirche am 1. Oktober 2006 wiedereröffnet. Die Kuppel wurde mit 2 kg Blattgold neu vergoldet, die Fassade aus Carrara-Marmor komplett ausgetauscht. Der Aufwand hat sich gelohnt. Die goldene Kuppel, im Westen Wiens ist wieder weithin sichtbar, erinnert an eine halte Zitrone, deshalb verdankt die Baumgartner Höhe, auf der sich die Kirche befindet, ihren Spitznamen Lemoniberg oder Limoniberg.
Die Kirche ist perfekt geplant, alles was Otto Wagner plante, war perfekt. Es sind so viele Kleinigkeiten, an die dieser Architekt dachte und dann umsetzte. Ein Beispiel: die glatt polierten Marmorplatten an den Wänden erleichtern die tägliche Reinigung. Wie viele Architekten denken an solche Bagatellen?
Wenn Sie in der Kirche sind nehmen Sie sich Zeit. Sind sie eine ruhige oder unruhige Seele? Suchen Sie sich eine Bank aus und dann genießen Sie diese Kirche. Es sind so viele Kleinigkeiten zu sehen und zu bewundern. Gehen Sie mehrmals um die Kirche, Sie werden staunen, was Sie alles entdecken. Bei jeder Runde um die Kirche bekommen Sie wieder etwas Neues zu sehen.
Am Weg zurück hat man noch einen wunderschönen Ausblick auf Wien. Das Wetter ist heute diesig. Kein klarer Himmel aber man sieht trotzdem bis nach Transdanubien. Was man auch gut erkennt, wie sich die Skyline von Wien in den letzten Jahren verändert hat. Am Stadtrand wird extrem viel gebaut, man sieht überall Kräne stehen. Der Stillstand während der Lockdowns und der Pandemie ist vorbei. Die Stille der Stadt hat mir besser gefallen.
Text und Beitragsbild: Gabriele Czeiner