Wiener Spaziergänge Nr. 46
Wir gehen wieder, Wiener Spaziergänge Nr. 46 ist angesagt. Wir starten im 3. Bezirk. Wir haben in den letzten Jahren schon sehr viele Grätzln in Wien besucht. Auch im 3. Bezirk waren wir schon. Heute starten wir beim Hundertwasserhaus.
Hundertwasserhaus
Das schönste Haus von Wien. Es zählt zu den architektonischen Highlights von Österreich. Ein Eingang ist unter anderem in der Kegelgasse. Benannt nach dem Hausschild „Zum goldenen Kegel“. Wir stehen in der Löwengasse und bewundern diesen Gemeindebau. Übrigens die Löwengasse ist benannt nach einem Hausschild „Zum goldenen Löwen“.
Und in der Löwengasse 28 ist das Fälschermuseum. Unter Kultur-Tipps finden Sie einen Bericht dazu. Löwengasse 33, ist jetzt ein Supermarkt, das war das Löwenkino, erbaut 1922. Eine sehr interessante Fassade die erhalten geblieben ist.
Custozzagasse
Diese Gasse ist benannt nach den Siegen – es waren zwei – der Österreicher über die Italiener bei Costoza, so ist die richtige Schreibweise. Das ist das Gebiet südöstlich vom Gardasee. Das ist auch ein gutes Weinbaugebiet. Radetzky und Erzherzog Albrecht haben dort die Italiener geschlagen. Vielleicht haben sie auch nur genug Wein getrunken und die Italiener unter den Tisch gesoffen.
Die Gründerzeithäuser sind hier unwahrscheinlich schön. Custozzagasse Nr. 1 unbedingt ansehen.
Pfarre St. Othmar
Noch ein Stückerl die Custozzagasse und schon stehen wir am Kolonitzplatz. Benannt nach Erzbischof Leopold Karl Graf Kollonitsch. Aus Kollonitsch wurde irgendwann Kolonitz. Auf diesem Platz steht die Pfarre St. Othmar. Die Geschichte begann 1158 in der Weißgärbersiedlung. Diese Siedlung war noch außerhalb der Stadtmauern von Wien. Es gab eine Kapelle, danach eine kleine Kirche, „Margarethenkirchlein“ genannt. Bei der zweiten Türkenbelagerung wurde der Priester dieser Kirche ermordet und die Kirche niedergebrannt. 1862 erfolgte unter Kardinal Othmar vor Rauscher die Planung und späterer der Bau zur Pfarre St. Othmar. Friedrich von Schmidt war der Dombaumeister, welcher die Kirche im neugotischen Stil erbaute. Er war auch der Baumeister des Wiener Rathauses. 1866 erfolgte die Grundsteinlegung. Die Fertigstellung der Kirche verzögerte sich um einige Jahre – manche Dinge ändern sich nie! – da auf Grund der Weltausstellung 1873 Arbeiter fehlten – ja das kennen wir auch – wurde die Kirche erst nach 8-jähriger Bauzeit am 24. August 1873 geweiht.
In der Kirche gibt es eine Gedenktafel für den Hl. Maximilian Kolbe. Er wurde im Jänner 1894 in Polen geboren. Er war überzeugter Katholik und im Widerstand gegen den Nationalsozialismus. Er war auch Antikommunist und Gegner von Zionismus und Freimaurer. Er war Herausgeber und Journalist einer Tages- und einer Monatszeitung in Polen. 1939 wurde er von der Gestapo verhaftet aber wieder frei gelassen und 1941 nochmals verhaftet. Grund war, dass er 2300 Juden und polnischen, ukrainischen Flüchtlingen Zuflucht gewährt hatte. Er wurde am 14. August 1941 in Auschwitz ermordet. 1982 wurde er von Papst Johannes Paul II. heilig gesprochen. Er ist der Schutzpatron der Journalisten und Funkamateure.
Es gibt so viele kleine Gassen und Plätze durch die man blind geht oder durchfährt ohne sich den Namen dieser Gasse einzuprägen. Unter der Schnellbahn gelangen wir in die Obere Viaduktgasse, und hier gibt es den Armenierplatz. Habe ich zum ersten Mal bewußt wahr genommen. Benannt nach der armenischen Volksgruppe in Wien. Hier steht die Skulptur „Faith“ (= Glaube). Ein Steinkreuz aus Basalt und Bronze, erschaffen von der Künstlerin Mariam Hakobyan. Es erinnert dass die Armenier zum Christentum konvertiert sind, vor 1700 Jahren.
Hintere Zollamtsstraße
Das Hauptzollamt war hier. Es wurde im 2. Weltkrieg völlig zerstört. Heute ist das ein „Ministeriums-Viertel“. Das Bundesrechenzentrum, ein Teil des Finanzministeriums, ist hier untergebracht. Einmal ums Eck, in der Marxergasse ist das neue Justizzentrum. Danach ein großes Einkaufszentrum, „The Mall“, auch der Eingang zum Bahnhof Wien Mitte. Schlau gemacht, wer kauft nicht gleich ein, wenn man am Weg zur U-Bahn oder zur S-Bahn ist.
Zur Marxergasse sei noch gesagt, dass sie nach Weihbischof Anton Marxer benannt ist. Und in den Sofiensälen haben wir schon vor einigen Jahren eine Ausstellung von Bansky besucht.
St. Elisabeth Spital
Der heutige Name des Spitals lautet Franziskus Spital Landstraße, schon seit 2017. Aber wie es halt so ist, für uns Wiener bleibt es das Sankt Elisabeth Spital. Es gehört zu den ältesten Spitäler Wiens. Das Spital wurde 1715 hier in Betrieb genommen. Es war als Frauenspital gedacht. Eine gynäkologische Abteilung wurde um 1900 eröffnet. Während des zweiten Weltkrieges war das Spital ein Lazarett. Erwähnenswert ist auch noch die Apotheke, sie ist eine Spitalsapotheke aus der Barockzeit.
Sünnhof
Wir wandern weiter die Landstraßer Hauptstraße stadtauswärts. Es ist eine Einkaufsstraße. Aber keine Fußgänger- oder Begegnungszone so wie die Mariahilfer Straße. Es ist Samstag Nachmittag, es ist viel los, viele Menschen sind hier zum shoppen, es ist auch Ausverkauf. Oder so wie ich zum Spazieren. Auf Nr. 28 ist der Sünnhof. Hier machen wir Halt. 1837 ließ der Besitzer des Hauses „Zum Kopf an der Landstraße“, Carl Sünn, diesen Biedermeierkomplex mit der Ungargasse verbinden. 5 Meter breit und ca. 160 m lang ist der Innenhof. Es war einmal eine „Gewerbehof“. Im Erdgeschoß waren Handwerker untergebracht, in den darüber liegenden Wohnungen wohnten sie. 1981 bis 1984 wurde dieses Juwel renoviert. Uns blieb ein häßlicher Neubau der 1980er Jahre erspart. Seit einigen Jahren gib gibt es viele bunte, aufgespannte Regenschirme im Sünnhof. Wer diese Idee hatte ist nicht bekannt. Aber die Installation bringt viel Farbe in den Hof. Also bleiben die Regenschirme.
Hotel Roter Hahn
Landstraßer Hauptstraße 40: Eine Baustelle, schon seit einigen Jahren. Hier war einmal ein Einkehrgasthof, 1801 wurde an dieser Stelle das Hotel Roter Hahn erbaut. Die Fassade stammt noch von um 1900. Ab Anfang des 19. Jahrhunderts war es ein Künstlertreffpunkt. Leopold Kupelwieser, Emil Jakob Schindler, Adalbert Stifter waren in diesem Hotel Gäste. Seit einigen Jahren ist dieses Hotel geschlossen, es ist eine Baustelle. Meistens stillstehend. Ein Rechtsstreit der schon über längere Zeit ausgetragen wird. Lassen wir uns überraschen wie das ausgeht. An der Fassade ist eine nachgebildete Kanonenkugel und erinnert dass das Haus während der Türkenbelagerung zerstört wurde.
Rasumofskygasse
Beim Rochusmarkt ist jetzt Kaffee angesagt. Ich schreibe nicht, in welchem Lokal ich war, der Kaffee war wohl gut, die Bedienung unter jeder Kritik. Apropos Kritik – die kann man auf Google nachlesen und nicht nur meine.
Die Rasumofskygasse wurde nach Andrej Fürst Rasumofsky benannt. Er war ein russischer Gesandter in Wien und erbaute das Palais Rasumofsky. Nr. 20 bis 24 sind die ehemaligen Stallungen des Palais. Was man auch noch erkennen kann. In diesem Haus hat Robert Musil von 1921 bis 1938 gelebt und geschrieben. Hier steht auch das „Vuk-Stefanovic-Karadzic-Denkmal“. In serbischer und deutscher Sprache steht: „Vuk Stefanovic Karadzic 1787 – 1864 der große Reformator der serbischen Sprache lebte in Wien wo er seine Hauptwerke schuf“. Die Stadt Belgrad schenkte 1989 dieses Denkmal der Stadt Wien.
Wir sind fast am Ende unseres Spazierganges. In diesem Grätzl gibt es sehr viel zu sehen. In der Marxergasse 25 wohnte Hermann Leopoldi. Er hat wunderschöne Wiener Lieder geschrieben. In der Stammgasse 12 wohnte Heimito von Doderer und Sepp Jahn. Das war einmal ein Künstlerviertel. Stammgasse 11 ist das „Ernst Fuchs Art Studio“. Schon die Fassade ist faszinierend. Zur Zeit leider geschlossen.
Das war der 46. Wiener Spaziergang. Den Frühling kann man schon ein wenig fühlen und riechen. Wenn es ein wenig wärmer wird dann starte wir zum nächsten Wiener Spaziergang.
Text + Beitragsfoto: Gabriele Czeiner