Cannabis in der Medizin
49plus hat schon vor einiger Zeit über Cannabis berichtet. Von der Medizinischen Universität Wien kamen dazu Neuigkeiten.
Seit über 20 Jahren wird das Endocannabinoidsystem international erforscht, um die Wirkungsweise von Cannabis zu verstehen. Es gibt schon sehr viele therapeutische Erfolge beim Einsatz von Cannabinoiden, vor allem bei Epilepsie oder der Schmerztherapie. Aber es gibt noch keine ausreichende Datenlage zur Entwicklung cannabinoid-basierter Medikamente. Im Journal Science wurde vom Neurobiologen Tibor Harkany von der Abteilung für Molekulare Neurowissenschaften der MedUni Wien ein Artikel darüber veröffentlicht.
Heilpflanze
Wie schon auf 49plus beschrieben wird einerseits Cannabis immer noch als Droge wahr genommen. Andererseits ist die Nachfrage nach den frei erhältlichen Produkten im Handel doch schon sehr groß.
Tibor Harkany, Neurobiologe und Leiter der Abteilung für Molekulare Neurowissenschaften am Zentrum für Hirnforschung der MedUni Wien, konstatiert ein widersprüchliches Phänomen: „Wir wissen, dass Cannabis bei vielen Krankheiten eingesetzt werden könnte und zum Teil kennen wir auch die Wirkweise. Aber durch diese vielen Produkte entsteht auch der Eindruck, es hilft bei allem und nichts. Cannabis ist aber keine Wunderpflanze, sondern sehr spezifisch einsetzbar und dazu brauchen wir dringend mehrere evidenzbasierte wissenschaftliche klinische Studien“.
Klinische Wirkungen
Die klinischen Wirkungen von Cannabismedikamenten sind vermehrt auf eine Aktivierung von endogenen Cannabinoid-CB1- und CB2-Rezeptoren zurück zu führen. Die am höchsten konzentrierten Stoffe aus der Cannabis-Pflanze sind delta-9-tetrahydrydrocannabiol (THC) und Cannabidiol (CBD). Der Substanz CBD wird schmerzlindernde, angstlösende, antiepileptische, antipsychotische, sedierende und neuroprotektive Wirkung zugeschrieben. Derzeit ist CBD in einigen Ländern für die Behandlung therapieresistenter Epilepsie und spastischer Lähmungen zugelassen. In Österreich sind die CBD-hältigen Medikamente Sativex zur Behandlung von Multipler Sklerose und Spasmen sowie Epidiolex zur Therapie von bestimmten genetische Epilepsieformen zugelassen. Außerdem wird Dronabinol als zusätzliche Medikation gegeben bei chronischen Schmerzen und im Rahmen von Krebstherapien.
Psychiater Siegfried Kasper, emeritierter Leiter der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der MedUni Wien, der große Erfahrung mit derartigen klinischen Studien hat und mit Harkany an mehreren Projekten zusammenarbeitet, resümiert: „Es wäre von großer Wichtigkeit, dass sowohl Universitäten als auch Pharmafirmen grundlegende und translationale Studien zur besseren Erforschung der spezifischen Wirkungen von Cannabinoiden initiierten. Denn es gäbe eine große Zukunft, wenn man die Anwendungsformen von Cannabis standardisieren und dann mit diesem standardisierten Extrakt in speziellen klinischen Studiendesigns erforschen würde.“ Beide Wissenschafter sind sich einig in der Überzeugung, „dass Cannabis in die wissenschaftliche Medizin geholt werden muss“.
Quelle + Beitragsbild: MedUni Wien