Heilkraft der Pflanzen und des Wassers neu entdecken

Traditionelle Europäische Medizin (TEM) nennt man jene breite Palette von bekannten Methoden zur Behandlung von Krankheiten, Linderung von Schmerzen, Schlafstörungen und sogar von Zuständen wie Depressionen. Diese Methoden fanden in der Bevölkerung über Jahrhunderte breite Anwendung, wie auch aus den umfangreichen Schriften von Hildegard von Bingen hervorgeht. Zunehmend wird jetzt von der modernen Medizin erkannt, dass diese Heiltraditionen im Sinne heutiger Integrativmedizin eine wertvolle Ergänzung der modernen naturwissenschaftlichen Medizin darstellen können, wie Dr. habil. Karl-Heinz Steinmetz, der Leiter des Instituts für Traditionelle Europäische Medizin, bei einem TEM-Kongress im Oktober in Wien erklärte. Ein besonderes Augenmerk legt die TEM auf eine genaue Diagnostik. Dabei wird mit großer Sensibilität, meist auch mittels körperlicher Berührung, auf den Patienten und seinen Gesundheitszustand eingegangen. Beispielsweise anhand von Pulsdiagnose, Körpertonus und Körpertemperatur sowie den Zustand von Haut und Haaren.

Heilkraft des Wassers

„Eine große Rolle in der Geschichte Europas spielte die Kur- und Bädertherapie“, berichtet Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Marktl, Präsident der Wiener Internationale Akademie für Ganzheitsmedizin (GAMED). Die positiven Effekte von Wasser begründeten in vielen Ländern eine blühende Balneotherapie. Gemeint sind damit medizinischen Bäder aber auch innere Anwendungen wie Trinkkuren und Inhalationen. Heilwässer müssen gelöste Stoffe (anorganische Stoffe und deren Ionen) in einer Konzentration von mindestens 1 g/kg enthalten. Heutzutage kommt Heilwasser in seiner Individualität und Besonderheit speziell im Rahmen von Kurmedizin – auch im Sinne der Gesundheitsförderung durch die Sozialversicherung unterstützt – einer breiten Bevölkerung zugute. Es handelt sich dabei um eine sehr zeitgemäße komplexe Ganzheitsmedizin mit langer Tradition, die an die modernen Gegebenheiten adaptiert und nach aktuellen Erkenntnisse weiterentwickelt wurde.

Baldrian, Melisse & Co

Auch in der Behandlung psychischer Erkrankungen hat der Einsatz traditioneller Heilpflanzen einen maßgeblichen Stellenwert. Die modernen Erkenntnisse und Studien lieferten häufig eine Bestätigung des traditionellen Wissens. „Insbesondere in den großen Bereichen der depressiven Befindlichkeitsstörungen, der Angstzustände und der Schlafstörungen, die in der heutigen Zeit weit verbreitet sind, können durch pflanzliche Arzneien exzellente Erfolge erzielt werden“, erläutert Univ. Prof. Dr. Markus Metka. Bewährte Beispiele sind auch Baldrian, Passionsblume, Melisse gegen Schlafstörungen sowie Passionsblume auch gegen Angstzustände. „Das bei depressiven Befindlichkeitsstörungen am besten untersuchte pflanzliche Arzneimittel ist Johanniskraut, für dessen gute Wirksamkeit und Verträglichkeit hohe Evidenz vorliegt“, so Metka. So werde etwa auch Damiana (siehe eigene Geschichte) etwa bei sexueller Lustlosigkeit bei Frauen erfolgreich eingesetzt und Resveratrol als Antiagingmittel, erläutert der Facharzt für Gynäkologie und Geburtshilfe, Präsident der Antiaging- und der Menopause-Gesellschaft. Grundsätzlich sei zu erwarten, dass TEM insbesondere in den nächsten Jahren stark an Bedeutung gewinnen wird.

Text + Foto: Gerhard Krause