Heilsames Eiweiß

Körpereigene Proteine reduziert Einlagerungen in Adern. Deutsche Wissenschaftler haben herausgefunden, dass das körpereigene Apolipoprotein E als Bremse gegen Ablagerungen in Blutgefäßen wirkt. Und es hemmt damit einhergehende Entzündungsreaktionen. Mit dieser Erkenntnis lassen sich möglicherweise bald auch Krankheiten wie Atherosklerose oder Alzheimer behandeln.

Die Forscher des Universitätsklinikums Jena haben gemeinsam mit Kollegen aus München herausgefunden, dass das menschliche Eiweiß Apolipoprotein E, kurz ApoE genannt, die Aktivität des Komplementsystems hemmt. Es ist ein sogenannter Komplementinhibitor. Dieser reduzierte bei Tests mit Mäusen sowohl die Bildung arterieller Ablagerungen, sogenannter Plaques und linderte chronische Entzündungen. Die Erkenntnis zeigt neue Möglichkeiten zur Behandlung von Atherosklerose und Alzheimer auf, da beide Krankheiten mit der Bildung von Ablagerungen und Plaques im Zusammenhang stehen. Ein Vorteil ist, dass die Inhibitoren bereits als Medikament bei Nierenerkrankungen eingesetzt werden. Ablagerungen von Lipiden in den Wänden von Blutgefäßen und im Hirn können verheerende Folgen für Betroffene haben, etwa Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Herzinfarkt oder Schlaganfall. Auch Patienten, die unter Alzheimer leiden, weisen verstärkt Lipidablagerungen und Plaques auf. Weiters begünstigt Atherosklerose die Entstehung von Alzheimer. Wenn sich zu viel Cholesterol im menschlichen Körper befindet und die Fresszellen dessen Abtransport nicht mehr bewältigen können, folgt eine Immunantwort: Überschüssiges Cholesterol lagert sich ab, aktivierte Komponenten des Komplementsystems umhüllen die Ablagerungen und locken dadurch weitere Fresszellen an. Doch auch das ist über die Zeit nicht immer ausreichend. In der Folge werden Entzündungen ausgelöst, die dann eine verstärkte Immunreaktion provozieren. Das menschliche Eiweiß ApoE, so das Ergebnis der aktuellen Studie, bindet das aktivierte Komplementprotein C1q und unterdrückt so die Auslösung der Reaktionskette, die letztlich zur anhaltenden Entzündung und zur Verschlechterung von Atherosklerose und Alzheimer führt.

Das Komplementsystem dient normalerweise der Immunabwehr von Krankheitserregern. Es besteht aus mehr als 30 Proteinen, die im menschlichen Blutplasma gelöst sind. Sind Bakterien oder Pilze anwesend, aktivieren sich Komplementproteine gegenseitig in einer kaskadenartigen Reaktion, die dabei hilft, den Erreger zu zerstören und zu beseitigen. Außerdem ist das Komplementsystem auch an anderen Vorgängen im Stoffwechsel des Menschen beteiligt, wie an der Entsorgung von abgestorbenen Zellen. Eine Überaktivierung des Komplementsystems, wie bei Atherosklerose und Alzheimer, ist vermutlich an vielen weiteren Erkrankungen beteiligt. Für ihre Studie haben die Wissenschaftler aus Jena und München eng zusammengearbeitet: Während in München Mausversuche durchgeführt wurden, nutzten die Forscher in Jena ihre umfassende Expertise zum Komplementsystem für die funktionalen Zusammenhänge auf molekularer Ebene. Derzeit laufen Beobachtungen mit eine Versuchsgruppe von 200 Personen. Diese Untersuchungen sollen nun erweitert werden.

Text: Gerhard Krause